Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, Gnade über Gnade
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Aus der Mitte des Lichtes strömt ein Geheimnis,
das kein Wort fassen kann:
Es ist die stille, unermüdliche Zuwendung Gottes.
Nicht fordernd. Nicht drängend.
Einfach da - wie ein Atemzug, der das Leben neu ordnet.

Die Gestalt in der Mitte steht nicht fern und unnahbar.
Sie steht inmitten der Menschen,
als Lichtquelle, die nichts für sich behält.
Ihre Hände sind geöffnet -
nicht, um zu nehmen,
sondern um weiterzugeben, was sie selbst ist:
Fülle. Wärme. Heilung. Tiefer Friede.

Die, die sich um ihn versammeln,
sind Menschen wie wir:
mit offenen Erwartungen, mit leeren Händen,
mit Müdigkeit im Blick und Fragen im Herzen.
Und doch - jeder ist von diesem Licht erreicht.
Keiner bleibt unberührt.

Die Strahlen, die von dieser Gestalt ausgehen,
sind nicht nur Helligkeit.
Sie sind Gnade:
still hinabfließend in jedes suchende Herz,
weich wie Morgentau auf dürrem Boden,
geduldig wie ein Trost, der lange gewartet hat.

Gnade über Gnade -
wie Wellen, die nie versiegen,
wie ein Strom, der selbst den dunkelsten Winkel berührt
und alles in ein mildes, neues Leuchten taucht.

Die Fülle, die von Christus ausgeht,
ist keine ferne Verheißung.
Sie ist ein Licht, das uns jetzt schon umhüllt,
uns atmen lässt, uns trägt, uns verwandelt.

Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen:
Gnade über Gnade.

Gnade über Gnade

Text: Johannesevangelium 1, 1–18 - Einheitsübersetzung neu

1 Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott. 2 Dieses war im Anfang bei Gott. 3 Alles ist durch das Wort geworden und ohne es wurde nichts, was geworden ist. 4 In ihm war Leben und das Leben war das Licht der Menschen. 5 Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst. 6 Ein Mensch trat auf, von Gott gesandt; sein Name war Johannes. 7 Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen. 8 Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht. 9 Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. 10 Er war in der Welt und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht. 11 Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. 12 Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben, 13 die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind. 14 Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit geschaut, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit. 15 Johannes legt Zeugnis für ihn ab und ruft: Dieser war es, über den ich gesagt habe: Er, der nach mir kommt, ist mir voraus, weil er vor mir war. 16 Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, Gnade über Gnade. 17 Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus. 18 Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht.

Gottes Wort ist unseres Fußes Leuchte und Licht auf unserem Weg

Diesen Text hat der Verfasser des vierten Evangeliums als Vorwort an den Beginn seines Evangeliums gestellt. Gleichsam wie in einer Ouvertüre lässt er anklingen, worum es in seinem Evangelium geht. Sozusagen in Kurzform beschreibt er damit den Inhalt seines ganzen Evangeliums.

Jesus ist das Wort. Er ist das lebendige Wort Gottes. Als der Gottmensch Jesus von Nazareth brachte er mit seinem Leben, mit seinen Worten und Taten, Kunde von Gott, der für uns unbegreiflich ist, der alle Vorstellungen und Bilder, die sich Menschen von ihm machen, unendlich übersteigt. Jesus von Nazareth machte Gottes Wesen der Welt offenbar und zeigte Gottes Herrlichkeit.

Aus der Ewigkeit trat Jesus in die Zeit und Geschichte unserer Welt ein. Ewigkeit bedeutet nicht immerwährende Zeit mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, sondern zeitloser Augenblick, zeitloses Jetzt.

Jesus ist das Leben. Aus ihm strömt Leben. Er ist die Quelle allen Lebens und der Ursprung der ganzen Schöpfung. Die Schöpfung ist nicht nur ein Ereignis in uralter Vergangenheit. Sie ist nicht abgeschlossen, sondern geschieht andauernd. Ständig werden neue Geschöpfe hervorgebracht und geboren. Alle verdanken ihr Sein dem Urheber allen Lebens, ob sie es wissen oder nicht.

Jesus ist das Licht. Das wahre, echte, wirkliche, unvergängliche Licht. Aus ihm strömt Licht. Er ist die Quelle und der Ursprung allen Lichtes. In Jesus gibt es keine Dunkelheit und keine Finsternis. Sein Licht ist in jedem Atom und in jeder Zelle und erleuchtet jeden Raum unserer Seele und unseres Geistes und jede Zone unseres Körpers.

In Jesus von Nazareth wurde Gott Mensch und lebte eine Zeit lang als Mensch unter Menschen. In ihm kam Gott als Mensch in sein Eigentum, in seine Schöpfung, zu den Seinen.

Wir sehen in diesem Evangelium zwei Kernsätze. Der erste lautet: „Das Gesetz ist durch Mose gegeben worden, die Gnade und die Wahrheit sind durch Jesus Christus gekommen.” Und der zweite heißt: „Aus seiner Fülle empfangen wir alle Gnade über Gnade.”

Jesus von Nazareth hat im Vergleich zum Alten Testament grundlegend Neues gebracht. Das Alte Testament ist Gesetzesreligion und beinhaltet eine Fülle von Geboten und Verboten. Dem alttestamentlichen Menschen kommt es darauf an, die vielen religiösen Vorschriften genau einzuhalten. Er glaubt, sich damit Gottes Lohn und Heil zu erwerben und zu verdienen. Ganz anders Jesus von Nazareth: Er stellt die Gnade über das Gesetz. Gnade ist bedingungsloses, unverdientes Geschenk. Gott ist Gnade, volle Gnade. Durch Jesus fließt uns der unermessliche göttliche Gnadenstrom zu: Gnade über Gnade. Wir müssen uns das Heil nicht verdienen, nicht mühsam erarbeiten, es wird uns von Gott geschenkt: gratis!!! Das Wort „gratis” kommt vom lateinischen Wort für Gnade: gratia. Was wir tun müssen, ist zu lernen, Herz und Seele zu öffnen und Gottes Gnade in uns einströmen zu lassen.

In diesem Evangelium heißt es: In Jesus von Nazareth kam Gott zu den Seinen. Aber nicht alle von den Seinen verstanden seine Botschaft der Gnade. Und sie lehnten sie ab. Sie blieben lieber in der Gesetzesreligion. Das ist bis heute so. Noch immer werden da und dort religiöse Vorschriften, Gebote und Verbote, über die Gnade gestellt. Da wird Jesus noch immer nicht verstanden.

Alle aber, die Jesu Gnadenbotschaft annehmen und sich der Gnade Gottes öffnen, sind Gottes Kinder. Denn Gottes Kind sein heißt: sich von Gott mit seiner Gnadenfülle beschenken zu lassen.