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Sie ist allein,
inmitten dessen, was einmal eine Stadt war.
Gebäude ohne Gesichter, Mauern ohne Halt,
Straßen, die keine Richtung mehr wissen.
Alles, was früher selbstverständlich war,
liegt jetzt wie zerbrochenes Glas vor ihren Füßen.
Sie blickt nicht zurück.
Sie sieht nach vorne - in eine Welt,
die keine Antworten gibt.
Vielleicht kennst du solche Orte.
Nicht im Außen - im Innern.
Orte, an denen etwas zerbrach:
ein Vertrauen, ein Plan, eine Beziehung,
ein Bild von dir selbst,
ein Glaube daran, wie das Leben 'sein sollte'.
Die Frau steht still.
Sie rennt nicht davon.
Sie weicht dem Schmerz nicht aus.
Sie steht - das ist ihr erster Mut.
Manchmal beginnt Heilung nicht mit einem Ausweg,
sondern damit, dass man stehen bleibt
und anerkennt:
'Ja, so sieht es jetzt aus.'
Ohne Urteil, ohne Flucht, ohne Maske.
Schau auf den Himmel über ihr.
Er ist nicht strahlend, nicht blau, nicht freundlich -
und doch ist da Licht.
Ein kleiner Spalt Helligkeit,
der sich zwischen die schweren Wolken schiebt.
Dieses Licht gehört nicht der Stadt.
Nicht den Ruinen.
Nicht der Vergangenheit.
Es gehört dem Himmel selbst -
dem Raum, der größer ist als der Zerbruch.
Vielleicht ist das die ganze Botschaft des Bildes:
Das Licht muss nicht groß sein,
um wahr zu sein.
Es genügt, dass es da ist.
Die Frau sieht es vielleicht noch nicht bewusst -
aber ihr Stehen richtet sie genau dorthin.
Zum Licht.
Das Bild sagt:
Du musst die Trümmer nicht sofort aufräumen.
Du musst jetzt nicht wissen,
wie es weitergeht.
Du musst nichts beweisen, nichts leisten,
nichts wieder 'in Ordnung bringen'.
Es genügt, dass du da bist.
Dass du atmest.
Dass du stehen bleibst.
In deiner Würde.
Mit deinem Schmerz.
Mit deinem Mut.
Und irgendwann - nicht erzwungen,
sondern ganz unauffällig -
wird aus dem kleinen Licht
eine Richtung.
"Kein Stein bleibt auf dem anderen" - und doch: "Kein Haar wird uns gekrümmt"
Text: Lukasevangelium 21, 5-19 - Übersetzung: Hoffnung für alle
5 Einige sprachen begeistert von der Schönheit des Tempels, seinen wertvollen Steinen und den kostbaren Weihegeschenken, mit denen er ausgestattet war. Aber Jesus erwiderte: 6 'Es kommt die Zeit, in der hier kein Stein auf dem anderen bleiben wird. Alles, was ihr jetzt seht, wird nur noch ein großer Trümmerhaufen sein.' 7 Die Jünger fragten ihn: 'Lehrer, wann wird das geschehen? Welches Ereignis wird ankündigen, dass diese Dinge bevorstehen?' 8 Jesus antwortete: 'Lasst euch von keinem Menschen täuschen und verführen! Denn viele werden unter meinem Namen auftreten und von sich behaupten: 'Ich bin es - der Retter, auf den ihr wartet!' Und sie werden verkünden: 'Jetzt ist die Zeit gekommen!' Lauft ihnen nicht nach! 9 Ihr werdet von Kriegen und Unruhen hören. Aber lasst euch dadurch nicht erschrecken! Das alles muss geschehen, aber das Ende kommt noch nicht sofort danach.' 10 Dann sagte er zu ihnen: 'Ein Volk wird gegen das andere kämpfen und ein Königreich das andere angreifen. 11 Es wird schwere Erdbeben geben und in vielen Teilen der Welt Hungersnöte und Seuchen. Schreckliche Dinge werden geschehen, und am Himmel werden gewaltige Erscheinungen zu sehen sein. 12 Aber noch bevor sich das alles ereignet, wird man euch verfolgen. Nur weil ihr zu mir gehört, werden sie euch festnehmen, in den Synagogen vor Gericht stellen und euch ins Gefängnis werfen. Ja, vor Königen und Machthabern werdet ihr verhört werden. 13 Aber dadurch habt ihr Gelegenheit, meine Botschaft zu bezeugen. 14 Denkt daran: Ihr sollt nicht schon vorher darüber nachgrübeln, wie ihr euch vor Gericht verteidigen könnt. 15 Denn ich selbst werde euch Weisheit geben und euch zeigen, was ihr sagen sollt. Dem werden eure Gegner nicht widersprechen können. 16 Selbst eure nächsten Angehörigen, eure Eltern, Geschwister, Verwandten und Freunde werden euch verraten und euch verhaften lassen. Einige von euch wird man in den Tod schicken. 17 Alle Welt wird euch hassen, weil ihr euch zu mir bekennt. 18 Aber ohne Gottes Willen wird euch kein Haar gekrümmt werden. 19 Bleibt standhaft, dann gewinnt ihr das ewige Leben.'
Tiefenpsychologische Auslegung des Bildes
'Die Frau im Trümmerfeld'
Das Bild zeigt eine Frau, die mit dem Rücken zum Betrachter des Bildes steht und auf die Ruinen einer zerstörten Stadt blickt. Aus tiefenpsychologischer Sicht ist dieses Szenario kein äußeres Kriegsbild, sondern ein innerer seelischer Zustand.
Es zeigt einen Menschen in einem Moment der Wahrheit: Der alte seelische Aufbau ist zusammengebrochen, und das neue innere Land ist noch nicht sichtbar.
1. Das Trümmerfeld - Symbol des zerbrechenden Ich-Gebäudes
Die zerstörten Gebäude stehen für das, was die Psyche jahrzehntelang aufgebaut hat:
Selbstbilder
Schutzmechanismen
Erwartungssysteme
Rollen
Zugehörigkeiten
Sicherheiten
Wenn ein Mensch in eine Krise gerät - Verlusterfahrung, Krankheit, Scheitern, Trennung, Überforderung - bricht dieses 'innere Haus' zusammen.
In der Psychologie nennt man das:
Ich-Erschütterung
oder: Krise der biographischen Identität.
Der Mensch erlebt: 'Das, worauf ich gebaut habe, trägt mich nicht mehr.'
2. Die Frau von hinten - das Gefühl der Entfremdung
Dass wir sie von hinten sehen, ist kein Zufall. Es zeigt: Sie ist sich selbst fremd geworden. Sie hat keinen klaren inneren Zugang zu sich. Die eigene Identität
erscheint unscharf, entrückt. Es gibt kein 'Gesicht', weil sie ihr eigenes noch nicht wiedererkannt hat. In der Tiefenpsychologie nennt man das:
Depersonalisation
oder: das Gefühl, nicht 'ganz da' zu sein.
3. Das Stehenbleiben - der Beginn der Verarbeitung
Die Frau steht. Sie flieht nicht. Sie betäubt sich nicht. In der Psychologie ist das der Moment, den man 'Turning Point' nennt: Der Mensch wendet sich dem Schmerz zu
- nicht weil er stark ist, sondern weil die Wahrheit stärker ist als jede Abwehr. Dieses Stehen ist der Beginn der Verwandlung:
Annahme der Realität
Ende der Verdrängung
Bereitschaft, den Schatten zu sehen
C. G. Jung würde sagen: 'Der Mensch betritt die Nachtseite seiner Seele.'
4. Die zerstörte Stadt - der Schatten
In der Symbolsprache Jungs ist die zerstörte Stadt Ausdruck des Schattenbereichs:
das Nicht-Gelebte
das Verdrängte
das Verleugnete
das, was nicht sein durfte
die verletzten inneren Anteile
Die Ruinen sind der sichtbare Schatten. Was früher unsichtbar war, steht nun offen vor der Frau. Das Bild zeigt also nicht ein Ende, sondern einen Kontakt mit dem
Innersten.
5. Der Himmel mit Lichtspalt - archetypische Hoffnung
Über der Frau liegt kein schwarzer Himmel, sondern ein schwerer Himmel mit einem Spalt Licht. Dieser Lichtstreifen ist psychologisch von enormer Bedeutung. Er steht
für:
das archetypische Selbst
die innere Weisheit
das Unzerstörbare
die intuitive Ahnung, dass etwas Neues kommen kann
In vielen Therapien zeigt sich dieser Moment erst spät: Die Einsicht, dass der Mensch mehr ist als die Trümmer seines Lebens.
6. Spannung zwischen Zerstörung und Zukunft
Die Frau steht an einem Schwellenort - zwischen dem, was zerstört ist, und dem, was noch nicht sichtbar ist. In der Psychologie nennt man diesen Zustand:
Schwellenzustand zwischen zwei Lebensphasen
Es ist der Zustand:
zwischen altem Selbst und neuem Selbst
zwischen Strukturverlust und Neubildung
zwischen Zusammenbruch und Reifung
Er ist schmerzhaft - aber er ist fruchtbar. Der Mensch wird hier verwandelt.
7. Das Bild als Archetyp: Die Heldin der inneren Reise
Das Bild entspricht einem klassischen Archetyp des Unbewussten: Die Heldin am Rand einer zerstörten Welt. Dieser Archetyp taucht immer auf, wenn ein Mensch kurz davor steht, ein größeres, reiferes Selbst zu entwickeln. Der Weg durch die inneren Trümmer ist kein Ende - sondern der Beginn der Selbstwerdung (Jung): der Weg zu echter innerer Freiheit und Ganzheit.
Gottes Wort ist wie Licht in der Nacht
Vor uns ist ein Bild, das uns tief berührt: Eine Frau steht in einem zerstörten Stadtviertel. Vor ihr Trümmer, einstürzende Mauern, ausgebrannte Häuser. Es ist, als wäre die Vergangenheit zu Staub zerfallen. Doch die Frau steht - aufrecht, verletzlich und zugleich mutig.
Dieses Bild ist nicht nur ein Bild der äußeren Welt. Es ist ein Bild der inneren Seele, ein Bild für das, was viele Menschen irgendwann im Leben durchmachen. Manchmal kommt der Moment, in dem unser eigener 'Tempel' einstürzt - so wie Jesus es im Evangelium beschreibt: 'Es wird kein Stein auf dem anderen bleiben.' Alles, worauf wir gebaut haben, alles, was uns Sicherheit gab, alles, was wir gewohnt waren, ist zerbrochen.
Vielleicht kennst du solche Momente: Der Arzt legt einen Befund auf den Tisch. Ein Mensch, auf den wir vertraut haben, geht. Ein Job endet abrupt. Ein Lebensplan zerbricht.
Eine Gewissheit fällt zu Boden.
Und wir stehen da wie die Frau auf dem Bild: zwischen dem, was nicht mehr ist, und dem, was noch nicht da ist.
Jesus verschweigt diese Erschütterungen nicht. Er tut nicht so, als wäre Glaube ein Schutzmantel gegen jede Krise. Im Gegenteil: Er spricht offen von Kriegen, Unruhen,
Zerbruch, von Zeiten, die Angst machen können. Er spricht auch von Enttäuschungen, von Verrat, von Menschen, die uns plötzlich nicht mehr verstehen. Er sagt:
'Ihr werdet erschüttert - aber erschreckt nicht.'
Das ist schon die erste große Botschaft: Krise bedeutet nicht, dass Gott dich verlassen hat. Krise bedeutet, dass etwas Neues geboren werden will. Wer im Leben wächst, wird durch Erschütterungen hindurchgehen. Manchmal bricht das Alte zusammen, weil das Neue Platz braucht.
Schauen wir noch einmal auf die Frau im Bild: Sie steht mitten in den Trümmern. Sie läuft nicht weg; sie schaut hin. Und das ist vielleicht der mutigste Schritt überhaupt: hinsehen, stehen bleiben, die Wirklichkeit nicht verdrängen. In der Psychologie nennt man diesen Moment 'den Wendepunkt'. Es ist die Stunde, in der ein Mensch mit seinem Schatten konfrontiert ist, mit dem, was er nicht wollte, nicht geplant, nicht erwartet hat - und dennoch bleibt.
Und genau dort, wo alles dunkel scheint, leuchtet im Bild ein kleiner Streifen Licht am Himmel. Keine blendende Sonne, kein triumphaler Glanz - nur ein schmaler Spalt. Aber er genügt, um eine Richtung zu zeigen.
Warum? Weil Hoffnung nicht laut ist. Hoffnung ist leise. Sie kommt nicht mit Pauken und Trompeten, sondern als Ahnung: 'Ich bin noch da. Du gehst da nicht allein durch.'
Jesus sagt im Evangelium einen gewaltigen Satz: 'Kein Haar auf eurem Haupt wird euch gekrümmt.' Das bedeutet: Auch wenn vieles zusammenbricht, auch wenn Beziehungen scheitern, auch wenn Sicherheiten verschwinden - dein innerstes Selbst ist unzerstörbar. Das, was Gott in dich hineingelegt hat, geht nicht zugrunde. Es bleibt, es trägt, es führt.
Im Evangelium verbindet Jesus diese Zusage mit einem Auftrag: 'Bleibt standhaft und ihr werdet das Leben gewinnen.' Standhaft bleiben heißt nicht, hart zu werden. Es heißt: vertrauend bleiben, verwurzelt bleiben, sich nicht in Angst verlieren, seine Würde nicht aufgeben, seine Menschlichkeit nicht verlieren.
Jede Krise hat zwei Möglichkeiten: Sie kann einen Menschen zerbrechen - oder sie kann ihn verwandeln. Sie kann bitter machen - oder reifer. Sie kann das Herz verschließen - oder es öffnen.
Und die Frage ist nicht: 'Wie groß ist der Trümmerhaufen?' Sondern: 'Wohin schaue ich jetzt?' Die Frau im Bild blickt nach vorne. Sie sieht noch keine Zukunft, aber sie sieht das Licht. Und manchmal ist das alles, was wir brauchen.
Das Evangelium ist eine Einladung für uns: Schau nicht weg vor dem, was zerbrochen ist. Verdränge nicht, was schmerzt. Bleib für einen Moment stehen - nicht aus Hilflosigkeit, sondern aus Mut. Und dann richte deinen Blick auf das Licht, das schon da ist, auch wenn es klein scheint. Denn am Ende sagt Jesus nicht: 'Ich nehme euch die Krisen ab.' Sondern: 'Ich bin bei euch in den Krisen. Und ich gebe euch eine Kraft, die größer ist als der Zerbruch.'
Das Bild zeigt keine triumphale Auferstehung, aber es zeigt den Moment davor: den Moment, in dem ein Mensch nicht aufgibt, nicht davonläuft, nicht verzweifelt - sondern stehen bleibt, atmet, und wahrnimmt: Das Licht ist schon da.