Auftritt von Kleinen, Unbedeutenden, Namenlosen beim Kind in der Krippe

Text: Lukasevangelium 2, 15–20 - Einheitsübersetzung neu

Und es geschah, als die Engel von ihnen in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinander: Lasst uns nach Betlehem gehen, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr kundgetan hat! 16 So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag. 17 Als sie es sahen, erzählten sie von dem Wort, das ihnen über dieses Kind gesagt worden war. 18 Und alle, die es hörten, staunten über das, was ihnen von den Hirten erzählt wurde. 19 Maria aber bewahrte alle diese Worte und erwog sie in ihrem Herzen. 20 Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für alles, was sie gehört und gesehen hatten, so wie es ihnen gesagt worden war.

Texterläuterung

"als die Engel von ihnen in den Himmel zurückgekehrt waren": Damit ist kein Weggehen von einem Ort zu einem anderen gemeint. Denn der Himmel ist kein Ort, sondern der Zustand der Vollendung, der Ganzheit, der Fülle des Lebens, in dem die Engel existieren.

Die Hirten gehörten den unteren sozialen Schichten an und wurden von Pharisäern verächtlich "Volk des Landes" bezeichnet. Die Hirten hielten sich nicht an die Einzelheiten der pharisäischen Auslegung des mosaischen Gesetzes. Weil sie ungebildet waren, kannten sie die einzelnen Gesetzesvorschriften gar nicht. Hirten wurden mit Dieben auf eine Stufe gestellt. Wer etwas auf sich hielt, hatte keinen Kontakt mit ihnen. Zeugenaussagen von Hirten z. B. wurden vor Gericht nicht anerkannt. Diese Verachteten waren die ersten, denen die Freudenbotschaft von der Geburt des Messias Gottes verkündet wurde, und sie kamen als erste zum Kind von Bethlehem.

"erzählten sie von dem Wort, das ihnen über dieses Kind gesagt worden war": Die Formulierung "dem Wort, das ihnen über dieses Kind gesagt worden war" ist ein biblisches Passiv. Das wird verwendet, um den Gottesnamen zu umschreiben und ihn nicht aussprechen zu müssen. Es ist Gottes Wort (gesprochen durch seinen Boten), nicht Menschenwort.

Staunen ist die biblische Umschreibung menschlicher Reaktion, wenn Gott in das Leben des Menschen hineinwirkt.

"Maria aber bewahrte alle diese Worte und erwog sie in ihrem Herzen": Maria hat dem Wort nicht blind vertraut, sondern es zuerst in ihrem Herzen erwogen, geprüft, sich in intensiver Weise damit beschäftigt. Sie hat den Sinn und die Bedeutung der Worte für ihr Leben überlegt.

"Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn": Oft schließt Lukas die Erzählung von Gotteserfahrungen mit einem Lobpreis auf Gott.

Worte des Lebens für uns

Nicht die politischen und religiösen Eminenzen, Exzellenzen, Amts- und Würdenträger, nicht die politische Macht, dargestellt in der Person des Machthabers König Herodes und seiner Mächtigen am Königshof, nicht die Tempelpriester, Gottesgelehrten, der Hohe Rat, nicht die Reichen und Schönen der Seitenblicke-Gesellschaft sind die ersten, denen die Botschaft von der Ankunft des Heilands der Welt verkündet wird. Nicht sie sind die Ersten, die IHN suchen und finden.

Nein, es sind Hirten. Sie gehören zu den Kleinen, Unbedeutenden, Namenlosen am Rande der Gesellschaft, auf die verächtlich herabgeschaut, denen kein Wert und keine Würde gelassen wurde. Von denen Oben wurden sie als "Gesetzlose", "Sünder" und "Gottverfluchte" betrachtet, weil sie religiöse Gesetze nicht einhielten. Sie kannten das Gesetz nicht, gingen in keine Schule und waren des Lesens nicht kundig. Sie sind die ersten Empfänger der Frohen Botschaft.

Voll freudiger Erwartung und Begeisterung eilen sie zum Kind in der Krippe, das ihnen später in der Gestalt des Mannes aus Nazareth sagen wird: "Kommt her alle zu mir, ihr Mühseligen und Beladenen, ihr Ausgegrenzten und Verachteten. Gott hat euch grenzenlos lieb. Er schaut auf euch voll Güte und Liebe. Er schenkt euch unbedingte Barmherzigkeit und Vergebung. In seinen Augen seid ihr mit gleich großer Würde und gleich hohem Wert ausgestattet wie alle Menschen und Geschöpfe".

Hirten kommen zum Kind in der Krippe, nicht als sensationslüsterne und schaulustige Touristen. Sie kommen zu Jesus, um mit ihm in Beziehung zu treten. Die Begegnung mit IHM ändert ihr Leben, macht es neu. Licht, Freude, Frieden, neuer Sinn wird ihnen zuteil.

Kleine, Unbedeutende, Namenlose am Rande der Gesellschaft sind die ersten Verkünder der Frohen Jesusbotschaft. Sie können nicht schweigen über das, was sie gesehen und gehört haben. Sie müssen ihre Freude und Begeisterung weitergeben.

Maria denkt in ihrem Herzen immer wieder nach über die Frohe Botschaft, um ihren Sinn für ihr Leben immer tiefer zu erfassen. Das lerne ich von Maria. Um Jesu Reden und Tun, um sein Leben, Sterben und Auferstehen immer besser zu verstehen, muss ich mich sorgfältig und gewissenhaft, gründlich und konzentriert, bis ins Einzelne damit beschäftigen, muss ich dem nachgehen und mich davon berühren und bewegen lassen.

Die Hirten loben, preisen und danken Gott für die Frohe Botschaft und alles, was sie gesehen und gehört, erlebt und erfahren haben. Das kann ich von den Hirten an der Krippe Jesu lernen: Gott loben und preisen und ihm danken für Jesus und seine Botschaft vom Reich Gottes, für mein Leben und alles, was mir Gott Tag für Tag schenkt.