Unerkannt
Text: Markusevangelium 6, 1–6 - Einheitsübersetzung neu
1 Von dort brach Jesus auf und kam in seine Heimatstadt; seine Jünger folgten ihm nach. 2 Am Sabbat lehrte er in der Synagoge. Und die vielen Menschen, die ihm zuhörten, gerieten außer sich vor Staunen und sagten: Woher hat er das alles? Was ist das für eine Weisheit, die ihm gegeben ist! Und was sind das für Machttaten, die durch ihn geschehen! 3 Ist das nicht der Zimmermann, der Sohn der Maria und der Bruder von Jakobus, Joses, Judas und Simon? Leben nicht seine Schwestern hier unter uns? Und sie nahmen Anstoß an ihm. 4 Da sagte Jesus zu ihnen: Nirgends ist ein Prophet ohne Ansehen außer in seiner Heimat, bei seinen Verwandten und in seiner Familie. 5 Und er konnte dort keine Machttat tun; nur einigen Kranken legte er die Hände auf und heilte sie. 6 Und er wunderte sich über ihren Unglauben. Jesus zog durch die benachbarten Dörfer und lehrte.
Worte des Lebens für uns
Jesus, welche Gründe waren ausschlaggebend, dass du mit deiner Gottesverkündigung von Menschen in deinem Heimatdorf abgelehnt worden bist?
Da spielten mehrere Gründe mit.
Manche Leute - besonders unter meinen Angehörigen und Verwandten - konnten nicht verstehen, dass ich im Alter von dreißig Jahren meinen Beruf mit einem sicheren
Einkommen aufgegeben und mich für ein ungesichertes Leben als Gottesverkünder entschlossen habe. Um sich nicht länger mit mir auseinandersetzen zu müssen,
erklärten sie mich für verrückt und taten mich als krankhaften Spinner ab.
Der Großteil der Bürgerinnen und Bürger in meinem Herkunftsort vertrat die Meinung, der angekündigte Prophet bzw. erwartete Messias Gottes müsse aus
der gebildeten, prominenten Oberschicht, aus königlichem Haus zum Beispiel, kommen und aus vornehmer Familie mit großem Namen stammen, er werde mit Sicherheit in einer
bedeutenden Weltstadt geboren und unter außergewöhnlichen Begleitumständen und auffallenden, aufsehenerregenden Zeichen auftreten. Ein ehemaliger Bauarbeiter,
wie ich es war, noch dazu aus unbedeutender, niederer und einfacher Landbevölkerung bringe für diese Aufgabe nicht die nötigen Voraussetzungen mit.
Die Bewohnerinnen und Bewohner von Nazareth waren genauso wie alle anderen Menschen in Israel von der jüdischen Gesetzesreligion geprägt. Sie glaubten an einen strengen
Gott, der Gebote und Verbote erlässt, ihre Einhaltung laufend kontrolliert und Sanktionen verhängt über alle, die sich nicht daran halten. Als Anhänger einer
Gesetzesreligion taten sich meine Landsleute schwer mit meiner Verkündigung des dreieinen Gottes, der alle Menschen und Geschöpfe voraussetzungslos, bedingungslos und
grenzenlos bejaht und annimmt.
Ich hielt die Frauen und Männer in meiner Heimat weder für schlecht noch bezeichnete ich sie als ungläubig. Sie waren noch nicht so weit, mich als
menschgewordenen Gott zu erkennen und anzunehmen. Vertrauensvoll empfahl ich sie dem Herzen des dreieinen Gottes in der Gewissheit, dass er ihnen die Zeit schenkt, die sie brauchen,
um mich und meine Botschaft zu erkennen und anzunehmen.
Nicht mit Zorn und Verbitterung, nicht beleidigt und sauer habe ich Nazareth damals verlassen, sondern gelassen, ruhig und gefasst. Und auch weiterhin habe ich gut von seinen
Einwohnerinnen und Einwohnern gedacht und sie jeden Tag gesegnet.
Jesus, was können wir Heutigen aus deinen Erfahrungen damals in Nazareth lernen?
Jesus:
Der dreieine Gott offenbart sich nicht nur im Spektakulären und Sensationellen, nicht nur an außergewöhnlichen Orten, nicht nur zu
besonderen Zeiten und Festen und nicht nur in unerklärlichen Ereignissen, sondern vor allem in den kleinen Dingen des Lebens, im Unscheinbaren,
Unauffälligen, in den leisen, schlichten, leicht zu übersehenden und überhörenden alltäglichen Erlebnissen, Begebenheiten und Begegnungen.
Und er gibt sich zu erkennen durch alle Menschen und Geschöpfe auf je unterschiedliche Weise, nicht nur durch berühmte Personen, große Gelehrte und
wissenschaftlich Gebildete, sondern ebenso durch die kleinen Leute, die als unbedeutend gelten und nicht Rang und Namen haben, ganz gleich in welchem Alter sie sind.
Es ist wichtig, Seele, Herz und Hirn und alle Sinne offenzuhalten, um den dreieinen Gott in seinen Spuren und Zeichen in dieser Welt und des eigenen Lebens zu erkennen, zu
hören und zu verstehen.
Und ihr könnt von mir lernen, über Menschen, die von Gott noch weit entfernt scheinen, die noch nicht auf Gott vertrauen können, oder deren Glauben noch in den
Kinderschuhen steckt, nicht zu richten und den Stab zu brechen. Richten und Verurteilen hilft niemandem. Ihr könnt diese Menschen jederzeit segnen, sie der Güte und
Gnade Gottes anempfehlen und ihnen mit Geduld und Freundlichkeit begegnen. Das hilft ihnen mehr als alles andere.
Danke, Jesus. Wir loben und preisen dich.