Tischgemeinschaft mit allen

Matthäusevangelium 9, 9-13

Kommentar

Die Antworten Jesu haben wir ihm in den Mund gelegt entsprechend unserem Verständnis seiner Botschaft von Gott.

Jesus, der Zollbeamte Matthäus galt damals bei vielen, vor allem bei den religiösen Führern in Israel, als Gesetzesbrecher und schwerer Sünder und damit als vor Gott Unreiner und Verstoßener und vom Volk Gottes Ausgeschlossener. Du hast ihn in deinen Schülerkreis aufgenommen und dich zusammen mit ihm und anderen, die ebenfalls als öffentliche Sünder gestempelt und verrufen waren, an einen Tisch gesetzt und mit ihnen gegessen. Hast du damit absichtlich provoziert?

Jesus:
Nein, ich habe nie provoziert um des Provozierens willen. Aber es war mir klar, dass ich damit herausfordere und in manchen Kreisen anecke, und dass mir widersprochen wird. In meinem Volk herrschte ja über viele Jahrhunderte die feste Überzeugung, dass Sünder bei Gott und in unserem auserwählten Volk Gottes keinen Platz haben. Solche althergebrachten Anschauungen sitzen tief und ändern sich nur sehr schwer.

Die Vorhaltungen und Missbilligungen der Pharisäer und Gelehrten der Heiligen Schriften haben nicht lange auf sich warten lassen. Worauf führst du es zurück, dass du mit deinem Verhalten so heftig ins Kreuzfeuer der Kritik geraten bist?

Jesus:
Da muss ich etwas weiter ausholen. Pharisäer und Gelehrte der Heiligen Schriften verstanden sich als Hüter unserer alten Religion und haben scharf geschossen, wenn sie glaubten, dass die Rechtgläubigkeit nach ihrem Sinn in Gefahr sei. Meine Gottesverkündigung war neu. Da sind zwei grundverschiedene Gottesbilder aufeinandergeprallt. Auf der einen Seite der gerechte Gott, der Gesetze erlässt und Gebote und Verbote aufstellt, der streng auf ihre konsequente Einhaltung pocht und bei Nichtbeachtung entsprechende Strafen und Sanktionen androht und verhängt. Auf der anderen Seite der warmherzige Gott, den ich meinen Abba nenne. Er ist wie ein guter Hirte, der um das Wohl jedes Schäfchens besorgt ist und nicht zulässt, dass eines verlorengeht. Er hat keine Liebkinder und schwarzen Schafe. Er sieht die Menschen weniger auf das an, was sie tun und unterlassen, sondern vielmehr auf das, worunter sie leiden. Und überhaupt teilt er nicht ein in Gute und Böse und ist kein Ankläger. Ausdrücke wie Gesetzesbrecher, Straffälliger, Gauner, Verbrecher, Unmensch, Scheusal finden sich in seinem Wortschatz nicht. Mein Abba ist wie ein Arzt und Therapeut, der alle heilt und ganz macht. Alle Geschöpfe hat er dazu geschaffen, ihnen das ewige, das bedeutet vollendete Heil zu schenken. Mit der Berufung des Matthäus in meinen Schülerkreis und mit der Tischgemeinschaft mit ihm und anderen Außenseitern und Randgruppen der damaligen Gesellschaft wollte ich ausdrückliche Zeichen setzen, dass an meinem Tisch, am Tisch Gottes alle Platz haben und zum göttlichen Gastmahl geladen sind.

Jesus, deine Gottesverkündigung hat nicht nur Vorwürfe und öffentliche Widersprüche dir gegenüber ausgelöst, sondern hat dir Gegnerschaft, Angriffe, Feindseligkeit und schließlich Todfeindschaft eingebracht. Warum hast du dir das angetan?

Jesus:
Ich habe erkannt, dass der Weg, den mir mein Abba vorgibt, der Weg schlechthin zum wahren Leben ist, zum Leben in Fülle und zur Glückseligkeit. Deswegen bin ich dem Auftrag meines Abba treu gefolgt bis zuletzt und habe mich durch innere und äußere Widerstände nicht vom Weg meines Abba abbringen lassen. Und darum bin ich das Risiko des für mich tödlichen Konfliktes eingegangen.

Danke, Jesus. Wir loben und preisen dich.

 

Bildbetrachtung

Bild: Sieger Köder, Das Mahl mit den Sündern
Text: Theo Schmidkonz SJ

Ein Schlüsselbild in der Malerei Sieger Köders, eine Schlüsselszene im Neuen Testament.

Die religiösen Führer sind empört über Jesus: „Der da - mit Zöllnern und Sündern speist er!” (Lk 15)

Wir sehen bildhaft, wer Jesus wirklich ist. Der Maler überträgt das Ereignis in die Gegenwart, in den Speisesaal der Villa San Pastore bei Rom, zeigt Außenseiter am Tisch des Herrn - heute.

Links ein Jude: Kein Volk wurde so oft ausgestoßen.
Neben ihm eine Dirne: Jesus nahm sich ihrer an.
Dann eine Bettlerin: Die sieht doch keiner gerne.
Und der Narr: Ein Verrückter fehlt gerade noch!
Der Intellektuelle: Skeptiker glauben doch nichts!
Die reiche Dame: Und was geschieht mit den Armen?
Der Schwarze: Fremdes macht vielen Angst.

Die Zahl „Sieben” bedeutet: Alle sind eingeladen an den einen Tisch: Keiner wird ausgeschlossen, der zu Jesus kommt und von ihm Heil erwartet.

Vom „Jesus-heute” sind nur die Hände zu sehen. Er sagte am Osterabend: „Seht - meine Hände!” Die schönste Metapher für Zärtlichkeit und Liebe. Im Bild: verwundete, aber alles schenkende Hände. Ohne jede Berührungsangst kann Jesus sagen: „Mein Leib - nehmt und esst alle davon!”

Über dem Haupt des Juden das Gleichnis vom Vater, der den verlorenen Sohn umarmt und küsst. Ein Bild im Bild des Mahles mit den Sündern. Der ältere Bruder links lehnt solche Liebe ab. Die Rose auf dem Tisch aber sagt, worauf alles ankommt: geliebt sein von Gott, ihn und die Menschen lieben.

Jesus, du Freund der Sünder und Ausgestoßenen, du hast anders denkende Menschen nie abgelehnt. Du hast Außenseiter an deine Seite gezogen. Du hast Sünder angenommen, mit ihnen gespeist. Deine Liebe schließt auch heute keinen von uns aus. Die Grenze deiner Liebe heißt Grenzenlosigkeit.

Jesus, ich möchte sehen lernen mit deinen Augen. Ich möchte ein wenig lieben, so wie du liebst. Danke, dass du mir dabei deine Hand reichst.