Texterläuterung zu Matthäus 7, 28-29

Text: Matthäusevangelium 7, 28–29 - Übersetzung: Hoffnung für alle

28 Als Jesus dies alles gesagt hatte, waren die Zuhörer von seinen Worten tief beeindruckt. 29 Denn Jesus lehrte sie mit einer Vollmacht, die Gott ihm verliehen hatte - ganz anders als ihre Schriftgelehrten.

Texterläuterung

Im Judentum zur Zeit Jesu stand die Schriftgelehrsamkeit im Zentrum religiöser Autorität. Schriftgelehrte waren ausgebildete Ausleger der Tora, beriefen sich auf eine Kette von Überlieferern und argumentierten traditionell nicht aus eigener Autorität, sondern durch Autoritätenkette. Jesus hingegen zitiert keine Rabbinen, beruft sich direkt auf Gott, spricht mit der Unmittelbarkeit eines Propheten. Propheten begannen ihre Reden mit: 'So spricht der HERR!', Rabbinen mit: 'Rabbi X lehrte ...' Jesus: 'Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist ... Ich aber sage euch ...'. Das war für seine Zuhörer revolutionär - und hoch provokant.

Die Worte aus Mt 7,28-29 stehen am Ende der 'Bergpredigt' (Mt 5-7). Schauplatz ist der nördliche Teil des Sees Genezareth, eine hügelige Region westlich/nordwestlich des Sees, Nähe Kafarnaum, ein Gebiet, das Matthäus mit Intensität beschreibt, weil dort Jesu Wirken begann. Hügel oberhalb des Sees dienten als natürliche Aussichtspunkte und 'Lehrstühle'. Das Bild des 'Berges' verbindet die Szene zudem mit biblischer Symbolik (z. B. Berg Sinai).

'die Zuhörer waren von seinen Worten tief beeindruckt': Grundbedeutung des griechischen Wortes 'sie waren vollständig überwältigt, innerlich getroffen'; es ist nicht Überraschung, sondern existenzielle Betroffenheit

'Er lehrte mit einer Vollmacht': wörtlich: Autorität, Macht, Legitimation.

'ganz anders als ihre Schriftgelehrten': Gemeint sind nicht alle Schriftgelehrten generell, sondern jene Vertreter, die Jesus als Gegenbild dienen. Bei Matthäus werden sie häufig als: formalistisch, traditionsüberlastet, manchmal heuchlerisch gezeichnet - im Kontrast zu Jesu lebensnaher und unmittelbarer Verkündigung.

Mt 7,28-29 bildet den Abschluss der Bergpredigt, der ersten von fünf großen Reden Jesu im Matthäusevangelium. Diese Struktur mit fünf Reden erinnert an die fünf Bücher Mose. Jesus erscheint als neuer Mose, als Lehrer eines neuen Bundes mit Gott.