Jesus - der neue Moses

Matthäusevangelium 2, 13–23

Kommentar

Der Kindermord von Bethlehem hat mit größter Wahrscheinlichkeit nicht stattgefunden, demzufolge auch nicht die Flucht nach Ägypten. Das ergibt die historische Forschung, auf die wir hier nicht näher eingehen.

Es ist der Frage nachzugehen, was der Autor des Matthäus-Evangeliums mit dieser Erzählung sagen will.

Der Verfasser des Matthäus-Evangeliums schrieb sein Evangelium in einer Umgebung, wo es schon eine christliche Gemeinde gegeben hat. Zu ihr gehörten Menschen mit jüdischer und nichtjüdischer Herkunft. Die Mitglieder dieser Christengemeinde waren die ersten Leser des Matthäus-Evangeliums. Jene, die ursprünglich der jüdischen Religion angehörten und dann Christinnen und Christen geworden sind, kannten die Bibel des Alten Testamentes und waren vertraut mit der Hoffnung und Erwartung des kommenden Messias Gottes. Ihnen darzulegen und aufzuzeigen, dass mit Jesus der in den alttestamentlichen Schriften angekündigte und sehnlich erwartete Messias gekommen ist, darum ging es dem Verfasser des Matthäus-Evangeliums. Aus diesem Grund führt er eine Menge dementsprechender Zitate und Textstellen aus der Bibel des Alten Testamentes an.

In der Geschichte des jüdischen Volkes gehört Mose zu den ganz großen Gestalten. Als Befreier des Volkes Israel aus der Versklavung in Ägypten und als Urheber und Begründer des religiösen jüdischen Gesetzes gilt er im religiösen Judentum als allgemein anerkannte und unbestrittene Autorität.

Der Verfasser des Matthäus-Evangeliums kennzeichnet Jesus als den „neuen Mose”, der mit außergewöhnlicher eigenständiger Autorität auftritt und mit ausnehmend großer Überzeugungskraft das neue Volk Gottes lehrt.

Diese Stelle im Matthäus-Evangelium (Mt 2, 13-23) beinhaltet eine Parallele zwischen dem Kind Mose und dem Kind Jesus.

Das 2. Buch Mose erzählt die Geschichte von Mose in Ägypten und schildert am Beginn seine wundersame Errettung vor tödlicher Macht und Gewalt. Aus Angst, die Israeliten könnten sich so stark vermehren und ihm am Ende seine Macht wegnehmen, lässt der ägyptische Pharao alle kleinen Knaben der Israeliten in den Nil werfen. Mose ist das Kind einer israelitischen Familie. Seine Mutter versteckt den neugeborenen Sohn in einem mit Pech und Teer abgedichteten Binsenkörbchen im Schilf am Ufer des Nils. Als die Tochter des Pharao im Nil badet, entdeckt sie den Kleinen, sorgt für ihn und nimmt ihn schließlich als ihren Sohn an. So wird der Israelit Mose in Ägypten gerettet. Er wächst am Hof des Pharao auf und wird schließlich der Befreier der Israeliten.

Das Matthäus-Evangelium erzählt von der wundersamen Errettung des Kindes Jesus vor tödlicher Macht und Gewalt. Als König Herodes von einem neugeborenen König der Juden hört, kriegt er es mit der Angst vor einem Rivalen zu tun, der ihm womöglich zuletzt seine Macht streitig macht. Daher lässt er alle kleinen Buben in Bethlehem und der ganzen Umgebung umbringen.

Flucht nach Ägypten
Rembrandt, Flucht nach Ägypten

Josef, der Vater Jesu, erfährt im Traum die Weisung Gottes, mit dem Kind Jesus und seiner Mutter nach Ägypten zu fliehen und erst wieder nach Israel zurückzukehren, wenn die Gefahr für das Kind Jesus vorüber ist.

In Ägypten blieb Josef mit seiner Familie bis zum Tod des Herodes. Damit erfüllte sich, so schreibt Matthäus, das Wort des Propheten Hosea: "Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen." (Hosea 11,1)

Wie Mose wird auch Jesus in Ägypten vor tödlicher Verfolgung durch einen Herrscher bewahrt und wird als Lehrer des Reich Gottes Lebens, als Anleiter der Menschlichkeit, der Liebe und des Lebens der Erlöser des gesamten Gottesvolkes, nämlich der gesamten Schöpfung.