Kommentar zu Lukas 2, 21-40

Übersetzung: Elberfelderbibel

41 Und seine Eltern gingen alljährlich am Passahfest nach Jerusalem. 42 Und als er zwölf Jahre alt war, gingen sie hinauf nach der Gewohnheit des Festes;

Aus der Kleinkindzeit und Jugendzeit Jesu erzählt das Evangelium keine Einzelheiten. Lediglich die Erzählung vom zwölfjährigen Jesus im Tempel bildet die Verbindung zwischen Kindheit und öffentlichem Wirken Jesu.

Seine Eltern führten Jesus von klein auf zur jüdischen Religion. Er ging mit ihnen am Schabbat in die Synagoge und zum jährlichen Paschafest nach Jerusalem.

Jesus muss ein hochbegabtes Kind gewesen sein. Schon als Kind lernte er die Schriften des Alten Testamentes kennen und setzte sich gründlich damit auseinander. Eine Ausnahmeerscheinung! Welches Kind tut das!? Gewiss erkannte er bereits in seiner Kindheit Widersprüche zwischen dem Gesetzes-Gott, den die jüdische Religion verkündete, und seinem Abba, den er als mütterlich und väterlich ewig Liebenden erfahren hat.

43 und als sie die Tage vollendet hatten, blieb bei ihrer Rückkehr der Junge Jesus in Jerusalem zurück, und seine Eltern wussten es nicht. 44 Da sie aber meinten, er sei unter der Reisegesellschaft, kamen sie eine Tagereise weit und suchten ihn unter den Verwandten und Bekannten; 45 und als sie ihn nicht fanden, kehrten sie nach Jerusalem zurück und suchten ihn. 46 Und es geschah, dass sie ihn nach drei Tagen im Tempel fanden, wie er inmitten der Lehrer saß und ihnen zuhörte und sie befragte. 47 Alle aber, die ihn hörten, gerieten außer sich über sein Verständnis und seine Antworten.

Die jüdischen Gesetzeslehrer und weitere Teilnehmer am Glaubensgespräch im Jerusalemer Tempel staunten über das Wissen und die Weisheit des Zwölfjährigen und über seine hervorragenden Kenntnisse und sein einmaliges Verständnis der biblischen Schriften des Alten Testamentes.

48 Und als sie ihn sahen, wurden sie bestürzt; und seine Mutter sprach zu ihm: Kind, warum hast du uns das getan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht. 49 Und er sprach zu ihnen: Was (ist der Grund dafür), dass ihr mich gesucht habt? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist?

In diesem Alter hatte Jesus seine Untertänigkeit, seinen Gehorsam, seine Angepasstheit gegenüber seinen Eltern, der Verwandtschaft, gegenüber dem religiösen und gesellschaftlichen Denken, gegenüber den Denkschablonen und Denkmustern seiner Zeit ("was MAN denkt, was MAN tut, wie MAN lebt") und gegenüber den Traditionen und Normen längst abgelegt. Zu dieser Zeit war Jesus in seinem Denken und Tun bereits eigenständig und selbstbestimmt. Nur einem folgte er: dem Willen seines himmlischen Abba. Was hat Gott mit mir vor? Was will Gott von mir? Danach richtete sich Jesus.

50 Und sie verstanden das Wort nicht, das er zu ihnen redete. 51 Und er ging mit ihnen hinab und kam nach Nazareth, und er war ihnen untertan. Und seine Mutter bewahrte alle diese Worte in ihrem Herzen.

Untertan war Jesus seinen Eltern nicht mehr. Lange schon löste er sich von Bevormundung und ging mit Konsequenz seinen eigenen Lebensweg. Daraus lerne ich: Gott will den freien, eigenständig, selbstbewusst und selbstbestimmt denkenden und handelnden Menschen, nicht den unterwürfigen Kriecher, Schleimer und Duckmäuser, der nach oben buckelt und alles nachbetet, was Obrigkeiten verlangen. Gott will von uns keine Unterwerfung, sondern liebendes Urvertrauen zu ihm.

Daraus lerne ich: Untertänigkeit, Gehorsam, sich bevormunden und beherrschen lassen, sind keine Tugenden vor Gott.

Maria ging nach diesem Erlebnis mit ihrem zwölfjährigen Sohn nich einfach zur Tagesordnung über, sondern dachte gründlich darüber nach, was es zu bedeuten hat

52 Und Jesus nahm zu an Weisheit und Alter und Gunst bei Gott und Menschen.

Jesus war nicht von Anfang an der Perfekte und Vollkommene. Er entwickelte und entfaltete sich, lernte, reifte und nahm zu an Weisheit und an Vertrauen zu seinem Abba und seine Gottesbeziehung wuchs.

Daraus lerne ich: Auch ich darf mich entwickeln, darf lernen und reifen. Ich muss nicht immer schon der Heilige und Superfromme sein. Gott schenkt mir Zeit zum Werden und Wachsen.