Im Haus der Liebe wohnen

Johannesevangelium 15, 9–17

Jesus, du trägst uns auf und gebietest uns: Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe. Du nennst dies „dein” Gebot. Kann denn Liebe ein Gebot sein? Stirbt sie nicht, wenn sie befohlen, gefordert oder eingefordert wird? Ist Liebe nicht reines, freies, freiwilliges Geschenk?

Jesus:

Meine Worte sind Evangelium für euch, das bedeutet Freudenbotschaft für euch. Meine Worte sage ich euch zu eurer Freude und zu eurer Freiheit. Keine Gesetze erlasse ich und keine Gebote und Verbote stelle ich auf. Meine Worte sind Lern- und Orientierungshilfen, Leitlinien und Wegweiser für euch zum Gelingen eures Lebens. Im Hintergrund meiner Worte steht die große Einladung meines Abba-Gottes, von ihm zu lernen, damit ihr das wahre Glück findet. Immer wieder sage ich euch, dass ihr von meinem Abba-Gott voraussetzungs- und bedingungslos und ohne Grenzen geachtet, wertgeschätzt und geliebt seid. Durch meine Lebenshingabe bis zum Äußersten hat er am eindrücklichsten gezeigt, dass seine bejahende und annehmende Zuwendung zu euch unermesslich ist. Wenn ihr darauf vertraut und diese Gewissheit tief und tiefer in euer Herz nehmt, werdet ihr selber zu Menschen werden, die sich selber und andere achten, wertschätzen und lieben.
Die Verfasser der Evangelien und der anderen biblischen Schriften waren geprägt von unserer jüdischen Religion, die eine Gesetzesreligion mit vielen Geboten und Verboten ist. Das ist die Ursache, dass sie meine Worte teilweise zu Gesetzen, Geboten und Lehr- und Glaubenssätzen umgeformt haben.

Jesus, du sagst uns: Bleibt in meiner Liebe! Was bedeutet das: in deiner Liebe bleiben?

Jesus:

Wiederum ist dies kein Befehl, sondern eine herzliche Einladung an euch, mit der ich die Erfüllung eures Lebens fördern will. Stellt euch vor, meine Liebe ist wie ein Haus, in dem ihr wohnt, in dem ihr euch ganz geborgen wisst. In diesem Haus seid ihr geboren, in diesem Haus verbringt ihr euer ganzes Leben, in diesem Haus wird euer irdisches Leben einmal in das neue, unvergängliche verwandelt, aus diesem Haus müsst ihr niemals fort, in diesem Haus werdet ihr bleiben für immer.
Lasst es mich noch mit einer Geschichte veranschaulichen, was ich damit meine.
Die Fische eines Flusses sprachen zueinander: „Es wird behauptet, dass unser Leben vom Wasser abhängt. Aber wir haben noch niemals Wasser gesehen. Wir wissen nicht, was Wasser ist.” Da sagten einige, die klüger waren als die anderen: „Wir haben gehört, dass im Meer ein gelehrter Fisch lebt, der alle Dinge kennt. Wir wollen zu ihm schwimmen und ihn bitten, uns das Wasser zu zeigen.” So machten sich einige auf und kamen auch endlich ins Meer. Dort fanden sie den weisen Fisch und fragten ihn, was und wo das Wasser ist. Als er sie angehört hatte, sagte er: „Im Wasser lebt ihr und bewegt ihr euch. Ihr lebt im Wasser, aber ihr wisst es nicht. Alles, was euch umgibt, ist Wasser.”
Was ich euch sage, ist hundertprozentig so: In meiner Liebe lebt ihr und bewegt ihr euch. Aus meiner Liebe seid ihr gekommen, von meiner Liebe seid ihr umgeben für immer. Aus meiner Liebe werdet ihr nie herausfallen.

Jesus, du nennst uns Freunde. Was heißt das für uns?

Jesus:

Freund bin ich für euch, nicht Herr und Gebieter, nicht Ankläger und Richter. Nicht von oben herab, sondern auf Augenhöhe begegne ich euch. Ich bestimme und herrsche nicht über euch. Ich lasse mich von euch nicht bedienen, wie ein Herr sich von Sklaven bedienen lässt, sondern ich diene euch.
Zu mir dürft ihr Vertrauen haben wie zum allerbesten Freund. Mir dürft ihr euch anvertrauen mit allem, was euch bewegt. Auf mich könnt ihr euch verlassen. Ich gehe jeden Weg mit euch. In jeder Sorge und jeder Not bin ich für euch da.
Von Freunden lernen wir viel. Ihr lernt von mir, eurem Freund, zu werden, was ich für euch bin, was ich euch sage und euch durch mein Leben zeige. Dadurch wird euer Leben fruchtbar und segensreich sein für euch selbst und für andere.