Kein Leistungslohn, keine Sonderprämien und keine Bonus-Malus-Regelung im Reich Gottes

Lukasevangelium 17, 5-10

Kommentar

In der Leistungsgesellschaft ist das Leistung–Lohn–Prinzip bestimmend. „Erst Leistung, dann Lohn; ohne Leistung kein Lohn; je mehr Leistung, desto mehr Lohn” lautet die Devise. Und es gelten Sätze wie „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen”, „Ohne Fleiß kein Preis”, „Man bekommt im Leben nichts geschenkt” oder „Leistung muss sich lohnen”.

Für besondere Leistungen belohnen Betriebe und Firmen oder öffentliche und private Einrichtungen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Sonderprämien.

Um Leistung und Belohnung bzw. fehlende Leistung und Strafe geht es auch in der Bonus–Malus–Regelung, beispielsweise in der KFZ–Haftpflichtversicherung. Versicherungsnehmer, die innerhalb eines bestimmten Beobachtungszeitraumes keinen Schaden verursachen und somit ihre Versicherungsgesellschaft nicht in Anspruch nehmen, kommen in Bonusstufen. Sie werden belohnt; sie zahlen nämlich in der Folge niedrigere Versicherungsprämien. Hingegen fallen Versicherte, die innerhalb eines bestimmten Zeitraumes einen Schadensfall herbeiführen, in den Malus. Sie werden bestraft, indem sie fortan höhere Prämien zu entrichten haben.

Was unter Menschen üblich ist, wurde und wird oft auf die Beziehung zwischen Gott und Mensch übertragen. In den sechs Grundwahrheiten des Glaubens, die früher vermittelt wurden, heißt es: „Gott ist ein gerechter Richter, der das Gute belohnt und das Böse bestraft.”

Dahinter steht die Vorstellung, dass auch bei Gott das Leistung–Lohn–Prinzip gilt. Wer fromme Leistungen und gute Taten vollbringt, darf von Gott zeitlichen und ewigen Lohn erwarten.

Je zahlreicher und größer diese Leistungen, umso höher der Lohn. Wer aber wenige oder keine religiösen Leistungen, keine guten Taten und kein anständiges Leben vorzuweisen hat, fällt bei Gott in den Malus und muss mit Gottes Strafen rechnen.

Menschen können da ganz schön berechnend werden. Sie verrichten religiöse Leistungen mit dem Hintergedanken: Ich gebe Gott etwas, damit auch er mir etwas gibt. Sie glauben, für ihre Verdienste Anrecht zu haben auf Gegenleistungen von Seiten Gottes. Sie rechnen Gott ihre guten Werke und großen Taten vor. Manche sind Gott böse, wenn er ihnen die erhofften oder „erbeteten” Abgeltungen nicht gewährt.

Jesus hat in ganz, ganz anderer Weise von Gott gesprochen. Mit dem Gleichnis, das uns Lukas in seinem Evangelium überliefert, wendet sich Jesus gegen die Versuchung und Einbildung aller „Frommen”, Gott wäre ihnen etwas schuldig, und sie könnten, weil sie seinen Willen getan haben, nun gewisse Forderungen an ihn stellen und hätten „Recht” auf Belohnung. Gottes Willen zu erfüllen gehört so selbstverständlich zum Menschen wie nach der Meinung des Altertums der Dienst zum Sklaven.

Im Reich Gottes gibt es das Leistung–Lohn–Prinzip, die Sonderprämien und das Bonus–Malus–System nicht. Gott belohnt und bestraft nicht und er gibt auch keinen Sonderlohn für Sonderleistungen. Gott gibt jedem Menschen ohne jedes eigene Verdienst, bedingungslos und voraussetzungslos alles, was er zum Leben braucht. Alles, was Gott uns gibt, kommt aus reiner Gnade, ist unverdientes Geschenk.

Jesus, unsere Hände sind leer. Wir haben nichts vorzuweisen als unser ungeschicktes, unbeholfenes und schwaches Leben. Wir haben keine bestimmten Erwartungen an dich, und schon gar keine Forderungen. Was du uns gibst und wann du uns etwas gibst, überlassen wir dir allein. Wir vertrauen, dass du am allerbesten weißt, was für uns zu welcher Zeit gut ist. Wir sind offen für das, was du uns gibst und wann du es uns gibst. Unser Beten und religiöses Tun ist Ausdruck unseres Vertrauens zu dir und unserer Offenheit dir gegenüber. Was wir tun, tun wir nicht mit der versteckten Absicht des Hoffens, von dir dafür belohnt zu werden.