JA zu uns selbst

Lukasevangelium 16, 1-9

Jesus spricht in diesem Evangelium von den – wörtlich – „Söhnen des Lichtes”. Wen meint er damit? Was hat es mit ihnen auf sich?

Zur Zeit Jesu gab es in Israel eine religiöse Bewegung, deren Mitglieder sich Essener nannten, auf Deutsch: die Reinen, die Heiligen. Sie lebten sehr streng nach den Regeln der religiösen Gesetze. Sie waren bestrebt, auf diese Weise die Reinheit und Heiligkeit der Endzeitgemeinde zu erreichen, die ihrer Überzeugung nach als einzige gerettet wird. Darum bezeichneten sie sich auch als „Söhne des Lichtes” im Gegensatz zu den Menschen, die außerhalb ihrer Bewegung standen und nicht zu ihnen gehörten. Diese wurden von ihnen als „Söhne der Finsternis” abqualifiziert und waren zu hassen. Die Gemeinderegel der Essener sah vor, ihre Mitglieder im Falle von Verfehlungen und Übertretungen der Gesetzesvorschriften rigoros zu bestrafen und sie auszuschließen und auszustoßen. Die „Söhne des Lichtes” hielten sich kleinlich bedacht und verbissen an die religiösen Gebote und Verbote, handelten also entsprechend den Grundsätzen ihrer Religion genau richtig, ihre Herzen aber waren hart und kalt.

Ganz anders der Verwalter im Gleichnis Jesu. Seinem Dienstgeber gegenüber ist das Tun des Verwalters nach menschlichen Maßstäben ungerecht. Seine Kündigung geht in Ordnung. Jesus nennt ihn deshalb Verwalter der Ungerechtigkeit. Den Schuldnern gegenüber verhält sich dieser Verwalter nach den Maßstäben Jesu – somit nach den Maßstäben Gottes – lobenswert, weil er ihre Schuld kürzt.

Hier liegt der entscheidende Punkt dieses Gleichnisses. Es geht in diesem Gleichnis um die Frage, wie wir mit unserer eigenen und mit fremder Schuld umgehen.

Der Verwalter deutet zwei Möglichkeiten an, mit seiner Schuld zu verfahren, und entscheidet sich schließlich für einen dritten Weg.

Die erste Möglichkeit: Von nun arbeiten wir hart an uns. Wir streben danach, keine Schuld mehr zu begehen, alles recht zu machen und fehlerlos zu leben. Und unsere Schuld aus früheren Tagen arbeiten wir ab. Wir wissen von vornherein: Das gelingt uns nicht. Das schaffen wir nicht.

Die zweite Möglichkeit: Wir schämen uns für alles, was wir im Leben nicht recht gemacht haben. Wir haben ständig schlechtes Gewissen, quälen uns mit Selbstvorwürfen, fühlen uns immer schuldig und schlecht und verachten uns selbst. Wir hängen reumütig und mit tiefstem Bedauern in der Vergangenheit und können trotz bitterster Reue das, was einmal war, nicht mehr ungeschehen machen.

Der dritte Weg: Wir sagen Ja zu unseren kleinen und großen Fehlern und Irrwegen der Vergangenheit und nehmen uns mit unserer eigenen Fehlerhaftigkeit und Unvollkommenheit an. Und in dem Wissen, in dem Einbekenntnis und Eingeständnis, dass wir selber noch nicht perfekt, makellos und vollkommen sind, impfen wir auch den anderen keine Schuldgefühle ein, klagen sie nicht an und verurteilen sie nicht, dass sie sich beschämt, zerknirscht und klein fühlen müssen, sondern nehmen sie als noch schwache und unfertige Menschen an und leben vergebungsbereit. Und wir lernen aus unseren Fehlern der Vergangenheit und reifen und wachsen daran. „Was wir bis gestern nicht gewusst und gekonnt haben, können wir heute lernen.”

Der Verwalter in der Gleichnisgeschichte Jesu war kein Mensch mit reiner Weste, aber er war gut und warmherzig zu den Schuldnern. Das hat Jesus an ihm gelobt. Das können wir von diesem Verwalter lernen.