Nicht das leere Grab, sondern das offene Herz

Lukasevangelium 24, 1–12

Die Evangelien verlieren keine Silbe über das Ereignis der Auferstehung Jesu selbst. Es ist auch gar nicht möglich darüber zu berichten; denn es handelt sich um etwas, das sich der Beschreibung mit menschlichen Worten völlig entzieht.

Die Evangelien erzählen von der Entdeckung der leeren Grabkammer, in die der Leichnam Jesu gelegt worden war, sowie von Offenbarungen und von Erscheinungen des auferstandenen Jesus, die verschiedenen Frauen und Männern zuteil geworden sind.

Fakt ist: Frauen entdeckten als erste das leere Grab Jesu. Frauen fanden als erste zum Glauben an die Auferstehung Jesu. Und Frauen waren die ersten Verkünderinnen der Auferstehungsbotschaft.

Das wird wohl seine Gründe haben. Mit Ausnahmen gehen Männer an Dinge meist eher mit Kopf und Verstand heran. Sie wollen mit logischem Denken begreifen und verstehen und suchen nach vernünftigen Erklärungen. Frauen lassen sich ebenso mit Ausnahmen beim Erfassen von Dingen eher vom Herz leiten, vom inneren Gespür und Gefühl. Der Glaube an die Auferstehung Jesu ist keine Sache des menschlichen Verstandes, sondern Sache des gläubigen Herzens, das viel tiefer sehen kann als der Verstand. „Was dem Auge sich entziehet, dem Verstande selbst entfliehet, sieht der feste Glaube ein”, heißt es treffend in einem alten Lied. Glaube und Glaubensüberzeugung sind zunächst Herzenssache.

Als Frauen am ersten Tag nach dem jüdischen Schabbát in der Morgendämmerung die Grabkammer Jesu leer finden, fallen sie in Ratlosigkeit. Das leere Grab erweckt in ihnen nicht den Glauben an die Auferstehung Jesu. Erst als ihnen durch Himmelsboten die Nachricht der Auferstehung Jesu verkündet wird, und erst als sie darauf verwiesen werden, sich an das zu erinnern, was ihnen Jesus über sein Leiden, Sterben und Auferstehen gesagt hat, wird ihnen in ihrem Herzen offenbar: Jesus ist nicht tot. Er lebt. Er hat uns nicht verlassen. Er ist in ganz neuer Weise auch weiterhin ganz nahe bei und in uns.

Offenbarung geschieht also nicht aus der Kraft des menschlichen Denkens, sondern ist Geschenk des Gottesgeistes an Menschen, die in ihrem Herzen dafür offen sind.

Die Frauen überbringen den Schülern Jesu die Auferstehungsbotschaft. Diese aber tun die Nachricht zuerst als dummes, leeres Geschwätz ab und schenken den Frauen keinen Glauben.

Nur Petrus läuft zum Grab Jesu und vergewissert sich von der Nachricht des leeren Grabes. Damit deutet der Verfasser des Lukasevangeliums offensichtlich die besondere Stellung des Petrus in der Christenheit des Anfangs an. Aber auch bei Petrus löst das leere Grab nicht Glauben, sondern nur Verwunderung aus.

Was braucht es, damit auch uns das innere Licht aufgeht, und wir zur Gewissheit des Vertrauens gelangen: Jesus ist als der Auferstandene und Verherrlichte immer bei uns und in uns. Er lässt uns niemals allein. Er geht treu alle Höhen und Tiefen des Lebens mit uns - für unsere Augen noch unsichtbar. Und er lässt auch uns niemals in ein endgültiges Aus fallen, sondern schenkt uns immer wieder mitten im Leben neuen Anfang und verwandelt uns, wenn wir das irdische Leben verlassen, in das Ewige.

Die erste Voraussetzung ist die Einsicht, dass wir nicht mit unserem Verstand und Intellekt zum Erfassen dieser Wirklichkeit kommen und nicht durch Studium von Tausenden und Abertausenden theologischen Büchern und Schriften.

Dann brauchen wir die innere Offenheit, das offene Herz für die Botschaft des Evangeliums und für alles, was uns Gott auf verschiedene Weisen mitteilt, und die innere Bereitschaft das anzunehmen. Vieles kann uns helfen, dass unser Herz aufgeht für die Offenbarungen Gottes, besonders Gebet und Meditation, Lesen und Hören der Evangelien und der anderen Schriften der Bibel und Nachdenken darüber - allein und gemeinsam mit anderen.