Die Botschaft des Mahles

Markusevangelium 14, 12–17.22-26

Das ist unser Glaube: Christus ist in uns, wir sind in Christus. Wir sind innigst mit ihm verbunden, eins mit ihm. Vom ersten Augenblick unseres Lebens an. Immer und überall, nicht an manchen Orten, zu bestimmten Zeiten oder bei religiösen Feiern mehr, sondern immer und überall ganz. Das ist für uns die Botschaft des Mahles, das Jesus mit seinen Jüngern am Abend vor seinem Leiden aß.

"Während des Mahls nahm er das Brot und sprach den Lobpreis; dann brach er das Brot, reichte es ihnen und sagte: Nehmt, das ist mein Leib. Dann nahm er den Kelch, sprach das Dankgebet, gab ihn den Jüngern und sie tranken alle daraus. Und er sagte zu ihnen: Das ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird."

Mit seinem Leib und seinem Blut meint Jesus sich selbst, sein Leben, seine Menschenfreundlichkeit, seine Liebe, seine Güte, seine Barmherzigkeit, seine Zärtlichkeit, seine Freude, seinen Frieden, seine Gewaltlosigkeit. Jesus schenkt sich uns und allen unseren Mitgeschöpfen total. Uns innewohnend gibt er sich uns hin mit allem, was er ist und was er hat.

In seinem Buch "ALLES TRÄGT DEN EINEN NAMEN. Die Wiederentdeckung des universalen Christus" erzählt der Fransziskaner Richard Rohr von Caryll Houselander, einer englischen Mystikerin des 20. Jahrhunderts.

Houselander beschreibt in ihrer Autobiografie "A Rocking-Horse Catholic", wie sich eine ganz gewöhnliche Metro-Fahrt in London in eine Vision wandelte, die ihr Leben verändert hat.

"Ich befand mich in einer Metro, in einem vollen Zug, in dem alle Sorten von Leuten zusammengepfercht waren, dasaßen oder an Haltegriffen hingen - Berufstätige jeder Branche auf dem Nachhauseweg am Feierabend. Ganz plötzlich sah ich vor meinem geistigen Auge, aber so lebensnah wie auf einem wundervollen Gemälde, in ihnen allen Christus. Aber ich sah noch mehr als das; nicht nur war Christus in jeder dieser Personen, lebte in ihnen, starb in ihnen, jubelte in ihnen, trauerte in ihnen - sondern weil Er in ihnen war und weil sie hier waren, war auch die gesamte Welt hier, hier in dieser Metro; nicht nur die Welt, wie sie in jenem Moment war, nicht nur alle Menschen in allen Ländern der Welt, sondern all jene Menschen, die in der Vergangenheit gelebt hatten, und alle, die noch kommen würden.

Ich gelangte auf die Straße und lief lange Zeit inmitten der Menge. Es war dasselbe hier, auf allen Seiten, in jedem Passanten, überall - Christus.

Mich hatte schon lange die russische Vorstellung des erniedrigten Christus verfolgt, des lahmen Christus, der durch Russland hinkt und um Sein Brot bettelt; des Christus, der zu allen Zeitaltern auf die Erde zurückkehrt und sogar bei Sündern einkehrt, um durch seine Not ihr Mitgefühl zu wecken. Jetzt wusste ich im Bruchteil einer Sekunde, dass dieser Traum eine Tatsache ist; kein Traum, keine Fantasie oder Legende eines frommen Volkes, kein Vorrecht der Russen, sondern Christus im Menschen ...

Ich sah zugleich die Ehrfurcht, die jedermann für einen Sünder aufbringen muss; anstatt seine Sünde zu missbilligen, die in Wirklichkeit seine größte Not ist, muss man Christus trösten, der in ihm leidet. Und diese Ehrfurcht muss sogar jenen Sündern erwiesen werden, deren Seelen tot zu sein scheinen, weil es Christus ist, der das Leben der Seele ist, der in ihnen tot ist; sie sind seine Gräber, und Christus im Grab ist keimhaft der auferstandene Christus ...

Christus ist überall; in Ihm hat jede Lebensform eine Bedeutung und einen Einfluss auf jede andere Lebensform. Es ist nicht die törichte Sünderin wie ich, die mit Schurken durch die Welt rennt und sich edel vorkommt, die ihnen ganz nah kommt und ihnen Heilung bringt; es ist die Kontemplative in ihrer Zelle, die diese Menschen nie zu Gesicht bekommen hat, aber in der Christus für sie fastet und betet - oder es kann eine Reinigungskraft sein, in der sich Christus erneut zu einem Diener macht, oder ein König, dessen goldene Krone eine Dornenkrone verbirgt. Die Erkenntnis unseres Einsseins in Christus ist die einzige Heilung menschlicher Einsamkeit. Für mich ist sie auch der einzige Letztsinn des Lebens, das einzige, was jedem Leben Zweck und Ziel gibt.

Nach ein paar Tagen verflüchtigte sich die "Vision". Die Menschen sahen wieder so aus wie früher."

Was die Mystikerin erfahren und geschaut hat, ist die wahre Wirklichkeit, die ewig besteht: Christus ist alles in allem. Christus ist alle und in allen.