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In der oberen Bildhälfte sehen wir das bekannte Muster:
Einer klagt an, eine fühlt sich klein, ohnmächtig, als Opfer,
ein anderer versucht zu retten.
Es ist ein Kreislauf von Anklage, Angst und Abhängigkeit.
Wer hier gefangen bleibt, verliert seine Freiheit -
und die Beziehungen bleiben voller Spannungen.
In der unteren Bildhälfte zeigt sich ein neuer Weg:
Der Ankläger wird zum Herausforderer, der nicht mehr vernichtet,
sondern Impuls gibt zum Wachsen.
Das Opfer wird zum Lernenden, der die eigene Würde wiederentdeckt
und sich entfalten darf.
Der Retter wird zum Unterstützer,
der nicht mehr abhängig macht, sondern stärkt.
Diese Verwandlung geschieht leise -
in einer inneren Haltung der Achtung.
Niemand steht über dem anderen,
jeder trägt bei, dass das Ganze gelingt.
Es ist eine Bewegung vom Dunkel ins Licht,
von der Abhängigkeit in die Freiheit,
vom Kreislauf des Vorwurfs in den Kreis des Miteinanders.
Wenn wir den Mut finden, unsere Rollen zu verwandeln,
dann entsteht ein Raum, in dem Leben gelingt -
ein Raum der Ehrlichkeit, der Verantwortung
und der gegenseitigen Unterstützung.
Vom Drama zur Freiheit - wie Jesus die Steine aus den Händen nimmt
Text: Johannesevangelium 8, 1–11 - Übersetzung: Elberfelder Bibel
1 Jesus aber ging nach dem Ölberg. 2 Frühmorgens aber kam er wieder in den Tempel, und alles Volk kam zu ihm; und er setzte sich und lehrte sie. 3 Die Schriftgelehrten und die Pharisäer aber bringen eine Frau, die beim Ehebruch ergriffen worden war, und stellen sie in die Mitte 4 und sagen zu ihm: Lehrer, diese Frau ist auf frischer Tat beim Ehebruch ergriffen worden. 5 In dem Gesetz aber hat uns Mose geboten, solche zu steinigen. Du nun, was sagst du? 6 Dies aber sagten sie, ihn zu versuchen, damit sie etwas hätten, um ihn anzuklagen. Jesus aber bückte sich nieder und schrieb mit dem Finger auf die Erde. 7 Als sie aber fortfuhren, ihn zu fragen, richtete er sich auf und sprach zu ihnen: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie. 8 Und wieder bückte er sich nieder und schrieb auf die Erde. 9 Als sie aber (dies) hörten, gingen sie, einer nach dem anderen, hinaus, angefangen von den Älteren; und er wurde allein gelassen mit der Frau, die in der Mitte stand. 10 Jesus aber richtete sich auf und sprach zu ihr: Frau, wo sind sie? Hat niemand dich verurteilt? 11 Sie aber sprach: Niemand, Herr. Jesus aber sprach zu ihr: Auch ich verurteile dich nicht. Geh hin und sündige von jetzt an nicht mehr!
Gottes Wort führt zur Freiheit
Wir kennen Situationen, in denen wir wie gefangen sind in einem Muster: Einer klagt an, einer fühlt sich klein und schuldig, ein anderer mischt sich ein - aber die Sache wird nicht besser. Die Psychologie nennt das das Dramadreieck: Verfolger, Opfer, Retter. Ein Kreislauf, der Menschen verletzt und Beziehungen zerstört.
Im Johannesevangelium begegnet uns genau solch ein Drama: Die Schriftgelehrten und Pharisäer bringen eine Frau zu Jesus, die beim Ehebruch ertappt wurde. Sie stellen sie in die Mitte. Sie selbst treten als Verfolger auf: Sie klagen an, sie fordern das Urteil. Die Frau ist das Opfer: beschämt, ohne Stimme, ausgeliefert. Und Jesus? Soll er die Rolle des Retters übernehmen? Ein klassisches Dramadreieck. Die Ankläger greifen an, die Frau ist ohnmächtig, und die Versuchung ist groß, dass Jesus sich in die Retterrolle drängen lässt.
Aber Jesus steigt nicht in dieses Drama ein. Er beugt sich nieder, schreibt in den Sand. Er entzieht sich der Anklage-Dynamik. Dann sagt er: 'Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.' Damit verwandelt er die Situation: Die Verfolger werden zu Herausforderern - herausgefordert, ihre eigene Wahrheit zu sehen, ihre eigene Fehlerhaftigkeit zu bedenken. Die Frau wird nicht länger als Opfer behandelt, sondern darf zur Lernenden werden: 'Auch ich verurteile dich nicht. Geh, und sündige von jetzt an nicht mehr.' Jesus selbst tritt als Unterstützer auf: nicht, indem er sie kleinmacht oder bemitleidet, sondern indem er sie aufrichtet, ihre Würde schützt und ihr einen neuen Weg eröffnet. Die Szene wandelt das Dramadreieck in ein 'Gewinnerdreieck'. Wo vorher Schuld, Scham und Verstrickung herrschten, entsteht Freiheit, Würde und die Möglichkeit eines Neuanfangs.
Genau das ist das Evangelium: Gott steigt nicht in unsere Dramen ein. Er ist nicht der harte Verfolger, der uns mit Steinen bedroht. Er ist nicht der Retter, der uns klein hält in Abhängigkeit. Sondern er ist der Unterstützer, der uns ernst nimmt und aufrichtet. Jesus zeigt: Den Anklägern: Niemand ist frei von Fehlern. Der Frau: Auch in Zielverfehlungen verlierst du deine Würde nicht.
Was heißt das für uns? In der Rolle des Verfolgers hören wir Jesu Stimme: 'Sieh zuerst auf dich selbst. Du bist nicht fehlerlos.' Wenn wir uns als Opfer erleben, dürfen wir hören: 'Steh auf, du darfst neu anfangen.' Wenn wir helfen wollen, dürfen wir lernen: Wahre Hilfe macht frei, sie bevormundet nicht.
Die Collage zeigt es, die Bibel erzählt es: Es gibt das Drama der Anklage und Ohnmacht - und es gibt den Weg Jesu, der daraus befreit. Er nimmt die Steine aus unseren Händen. Er richtet die Erniedrigten auf. Er zeigt uns: Wir alle sind Lernende, wir dürfen alle wachsen, und wir dürfen einander unterstützen.