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In der Synagoge steht ein Mann mit einer verdorrten Hand.
Seine Hand, die verdorrte, hängt leblos an ihm herab.
Vielleicht ist sie Symbol für vieles:
verwelkte Hoffnung, verlorene Kraft,
ein Leben in Resignation und Ausschluss.
Doch vor ihm steht Jesus, ganz nah, ganz da.
Kein lautes Wunder, kein Spektakel,
sondern eine stille, entschlossene Nähe.
Seine Hände berühren die verdorrte Hand des Mannes.
Die Geste ist zart und kraftvoll zugleich.
Jesu Blick ist liebevoll und durchdrungen von innerem Schmerz:
Schmerz über eine Welt,
in der das Gesetz mehr zählt als der Mensch.
Sein Gesicht spiegelt auch Zorn über Hartherzigkeit,
aber auch Trauer über verschlossene Herzen.
Im Hintergrund stehen die Wächter der Ordnung.
Ihre Gesichter im Schatten - abgewandt, kritisch, hart.
Sie schauen nicht auf den Menschen,
sondern auf das Gesetz,
nicht auf das Leid, sondern auf das Gesetz.
Doch das Licht des Bildes fällt nicht auf sie.
Es leuchtet auf die Stelle zwischen Jesus und dem Geheilten:
auf den Ort der Barmherzigkeit.
Diese Lichtinsel inmitten des Halbdunkels ist ein heiliger Raum.
Hier geschieht Wiederherstellung des Lebens.
Verdorrt - verhärtet - verstockt - geheilt
Text: Markusevangelium 3, 1–12 - Einheitsübersetzung neu
Als er wieder in die Synagoge ging, war dort ein Mann mit einer verdorrten Hand. Und sie gaben Acht, ob Jesus ihn am Sabbat heilen werde; sie suchten nämlich einen Grund zur Anklage gegen ihn. Da sagte er zu dem Mann mit der verdorrten Hand: Steh auf und stell dich in die Mitte! Und zu den anderen sagte er: Was ist am Sabbat erlaubt - Gutes zu tun oder Böses, ein Leben zu retten oder es zu vernichten? Sie aber schwiegen. Und er sah sie der Reihe nach an, voll Zorn und Trauer über ihr verstocktes Herz, und sagte zu dem Mann: Streck deine Hand aus! Er streckte sie aus und seine Hand wurde wiederhergestellt. Da gingen die Pharisäer hinaus und fassten zusammen mit den Anhängern des Herodes den Beschluss, Jesus umzubringen. Jesus zog sich mit seinen Jüngern an den See zurück. Viele Menschen aus Galiläa aber folgten ihm nach. Auch aus Judäa, aus Jerusalem und Idumäa, aus dem Gebiet jenseits des Jordan und aus der Gegend von Tyrus und Sidon kamen Scharen von Menschen zu ihm, als sie hörten, was er tat. Da sagte er zu seinen Jüngern, sie sollten ein Boot für ihn bereithalten, damit er von der Menge nicht erdrückt werde. Denn er heilte viele, sodass alle, die ein Leiden hatten, sich an ihn herandrängten, um ihn zu berühren. Wenn die von unreinen Geistern Besessenen ihn sahen, fielen sie vor ihm nieder und schrien: Du bist der Sohn Gottes! Er aber gebot ihnen, dass sie ihn nicht bekannt machen sollten.
Texterläuterung
Der Abschnitt gliedert sich in zwei Szenen:
Verse 1-6: Heilung eines Mannes mit einer verdorrten Hand am Sabbat und die dadurch ausgelöste Konfrontation mit den religiösen Autoritäten.
Verse 7-12: Jesu Rückzug ans Seeufer, wo sich große Menschenmengen versammeln, und der Hinweis auf seine heilende Wirkung.
1. Szene: Die Sabbatheilung (V. 1-6)
Jesus betritt die Synagoge und sieht dort einen Mann mit einer verdorrten Hand. Die Pharisäer beobachten ihn genau mit der Absicht, ihn anklagen zu
können, sollte er 'am Sabbat' heilen. Jesus konfrontiert sie frontal: 'Darf man am Sabbat Gutes tun, ein Leben retten?' Diese Frage entlarvt die
Herzenskälte seiner Gegner. Sie schweigen. Das ist ein bezeichnendes Schweigen. Statt sich für das Leben zu entscheiden, ziehen sie sich in rigide
Gesetzestreue zurück. Jesus ist zornig und zugleich traurig über ihre Hartherzigkeit. Eine seltene, aber tief bewegende Doppelreaktion Jesu. Dann
heilt er den Mann öffentlich und ohne Scheu.
Kernbotschaft:
Der Sabbat, ein Tag des Lebens und der Freiheit, wird hier von Jesus im tiefsten Sinn erfüllt. Gottes Wille ist nicht Gesetzestreue um ihrer selbst
willen, sondern die Heilung. Das macht Jesus auch bereit, den Konflikt mit den religiösen Autoritäten auf sich zu nehmen. Ihre Reaktion ist
radikal: 'Da gingen die Pharisäer hinaus und fassten sogleich mit den Anhängern des Herodes den Beschluss, Jesus umzubringen.' Hier beginnt die
Linie zum Kreuz: aus einem Akt der Barmherzigkeit entsteht tödlicher Widerstand.
2. Szene: Rückzug und große Menschenmenge (V. 7-12)
Jesus zieht sich an den See zurück. Menschen aus ganz verschiedenen Regionen strömen zu ihm. Hier wird deutlich: Die Anziehungskraft Jesu ist nicht
institutionell oder machtpolitisch, sondern gründet in seiner heilenden, lebensspendenden Kraft.
Die Erwähnung der dämonischen Geister, die ihn als den 'Sohn Gottes' erkennen, unterstreicht: In Jesus geschieht etwas von tiefer göttlicher
Autorität. Doch Jesus verbietet ihnen zu reden. Er will keine Show, keinen Sensationsglauben, sondern dass Menschen in Freiheit und Vertrauen zu ihm
finden.
Dieser Text konfrontiert zwei Wege:
den Weg der Hartherzigkeit, der sich hinter Regeln, Macht und Kontrolle verschanzt;
und den Weg Jesu, der heilt, rettet, sich dem Leid zuwendet, auch wenn es Widerstand bedeutet.
Der Mensch mit der verdorrten Hand steht symbolisch für das, was in uns gelähmt, eingeschränkt, 'verdorrt' ist. Jesu Blick sucht das
Verwundbare, und seine heilende Berührung bringt das Leben zurück.
Jesus steht für eine Religion der lebendigen Barmherzigkeit. Wer ihn nur nach Gesetz beurteilt, verfehlt ihn. Wer ihn aber mit offenem Herzen sucht,
findet ihn und durch ihn Heilung und Freiheit.
Gottes Wort ist für uns wie Licht in der Nacht
Die Medizin spricht bei der verdorrten Hand von Muskelatrophie. Es handelt sich um Muskelabbau oder Muskelschwund im Bereich der Arme und Hände, ausgelöst durch Bewegungseinschränkung oder Bewegungsunfähigkeit dieser Organe infolge von Lähmungen oder von Einengung der Nervenwurzeln an der Halswirbelsäule oder von Entzündungsreaktionen hervorgerufen durch autoimmune Prozesse.
Wir verstehen diese körperliche Einschränkung symbollhaft als Verminderung des Lebens eines Menschen, als seelische Beeinträchtigung.
Wer oder was lässt einen Menschen nicht leben? Wer oder was hindert ihn, sich selbst zu entwickeln und zu entfalten? Wer oder was nimmt ihm seine Lebenskraft? Wer oder was blockiert ihn, zu sich selbst zu finden, sich selbst anzunehmen und zu lieben? Wer oder was schnürt ihn so ein, dass sein Ich verkümmert und verdorrt?
Der Bibeltext legt nahe, dass das abgeschnürte Ich des einen im Zusammenhang steht mit den verstockten Herzen der anderen, die das Gesetz höher stellen als Menschlichkeit. Sind sie selbst verdorrte Menschen und merken es nur noch nicht?
Das verstockte, verdorrte Herz ist hart, kalt, gefühllos und unempfindlich, es ist stur, starr, rechthaberisch und unnachgiebig.
"Steh auf und stell dich in die Mitte!" sagt Jesus zum Menschen mit der verdorrten Hand. "Steh auf! Lass es nicht zu, dass die hohen Herrn der Religion noch länger Macht über dich ausüben! Steh auf! Lass dich nicht mehr länger demütigen von ihnen! Du bist nicht ihr Eigentum! Du bist ihnen nicht zum Gehorsam verpflichtet. Folge Gott allein! Steh auf! Lass dir deinen Wert und deine Würde nicht nehmen, die Gott dir gegeben hat! Steh auf! Verbiete denen, die so tun, als ob sie Gott besitzen würden, dass sie dich weiterhin quälen mit ihren hunderten religiösen Vorschriften, mit ihren lebensfernen Traditionen! Gestatte ihnen nicht, dass sie dir im Namen Gottes Sünd- und Schuldängste einreden. Steh auf! Stell dich in die Mitte! Lass dich nicht mehr länger an den Rand drängen! Sag nein zu jeder Fremdbestimmung! Du bist eine eigenständige Person mit dem göttlichen Recht der Selbstbestimmung! Geh mit mir, ich begleite dich auf dem Weg zur Freiheit der Kinder Gottes!"
In Scharen sind Menschen Jesus überallhin nachgelaufen: die Frauen, die Unreinen, die Zolleinheber, die Prostituierten, die zu Sündern Gestempelten, die Ehebrecher, Menschen, die schwer gefehlt haben, die in ihrer Seele Gekränkten und Zerstörten, sie alle kamen zu ihm. Wie ein Arzt richtete Jesus sie auf, gab ihnen ihre Würde zurück und half ihnen, immer mehr das zu werden, wie Gott sie gedacht hat.