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Sehnsucht nach dem mütterlich und väterlich ewig Liebenden
Im Innersten jedes Menschen gibt es eine Sehnsucht, die keine irdische Erfüllung je ganz stillen kann. Wir können satt werden, wir können Geborgenheit erfahren, wir können Erfolge feiern - und doch bleibt eine leise Unruhe in uns. Augustinus hat sie so ausgedrückt: 'Unruhig ist unser Herz, bis es ruht in dir, o Gott.' Diese Unruhe ist nicht Mangel, sondern Hinweis. Sie zeigt uns, dass wir auf etwas Größeres hingeordnet sind. Auf den, der uns geschaffen hat. Auf den, der uns liebt. Auf den, der uns kennt wie Vater und Mutter und dessen Liebe weit über Mutter- und Vaterliebe hinausgeht.
Wenn wir von Gott sprechen, dann geraten wir oft in das enge Muster unserer Worte. Wir nennen ihn 'Vater', weil Jesus ihn so genannt hat. Aber schon die Bibel selbst kennt auch das Bild der Mutter: 'Wie eine Mutter ihren Sohn tröstet, so tröste ich euch' (Jes 66,13). Gott ist nicht festgelegt auf ein einziges Bild. Er ist Ursprung allen Lebens, Quelle aller Liebe. Er umfasst in sich väterliche Kraft und mütterliche Zärtlichkeit, väterliche Treue und mütterliche Hingabe. Unser Denken und Fühlen braucht diese beiden Bilder - Vater und Mutter -, um eine Ahnung zu gewinnen von der Fülle des göttlichen Liebens.
Wir sehnen uns nach Liebe - aber die tiefste Wahrheit ist: diese Liebe sehnt sich nach uns. Gott ist der ewig Liebende, der uns entgegenkommt, der uns ruft, der uns hält, auch wenn wir uns selbst verloren haben. In Jeremia 31,3 hören wir: 'Mit ewiger Liebe habe ich dich geliebt, darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte.' Diese Liebe ist nicht abhängig von unseren Leistungen, nicht zerbrechlich durch unsere Fehler. Sie ist nicht zeitlich begrenzt. Sie ist ewig, das heißt vollkommen.
Manche von uns haben vielleicht in ihrem Leben Vaterliebe oder Mutterliebe nur bruchstückhaft erfahren. Für andere waren Vater und Mutter eine Quelle der Stärke, der Zärtlichkeit, der Geduld. Gott übersteigt alle unsere Erfahrungen, aber er nimmt die schönsten, heilsamsten Erfahrungen von Elternliebe auf und führt sie ins Vollkommene. Wer zu Gott kommt, darf erfahren: Hier ist ein Schoß, in dem ich geborgen bin. Hier ist eine Hand, die mich hält. Hier ist ein Blick, der mich sieht, wie ich bin, ohne Maske, ohne Bedingung.
Jesus selbst hat diese Liebe gelebt und gezeigt. In ihm sehen wir das Herz des Vaters, die Zärtlichkeit der göttlichen Mutter. Er hat Menschen angenommen, die andere ausgestoßen haben. Er hat Kinder gesegnet und Kranke geheilt. Er hat sich selbst gegeben bis zum Kreuz - weil die Liebe Gottes keine Grenze kennt. In der Auferstehung Jesu wird sichtbar: Diese Liebe ist stärker als Tod und Verzweiflung. Sie trägt durch alle Dunkelheiten hindurch. Sie ist die ewige Antwort auf unsere tiefste Sehnsucht.
Was tun wir mit dieser Sehnsucht? Wir können sie verdrängen, mit Dingen zustopfen. Glauben heißt: diese Sehnsucht offenhalten. Glauben heißt: sich der ewigen Liebe anvertrauen, auch wenn wir sie nicht immer fühlen. So verwandelt sich die Unruhe unseres Herzens in eine Kraft: Sie treibt uns in Gottes Arme. Sie macht uns fähig, selbst Liebende zu werden - mütterlich und väterlich füreinander.
Die Sehnsucht nach dem mütterlich und väterlich ewig Liebenden ist keine Schwäche, sondern unser tiefstes Lebenszeichen. Sie sagt uns: Wir sind von Gott her gedacht. Wir sind für seine Liebe geschaffen. Und wir werden in seiner Liebe vollendet.
'Ich bin geborgen in dir, o Gott. In deiner Hand ruht meine Seele. In deinem Herzen kommt meine Sehnsucht zur Ruhe.'