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In seinen Händen hält er zwei Hälften einer Maske,
die er offenbar eben zerbrochen hat.
Lange trug er sie -
die Maske, die lächelt,
wenn ihm nicht zum Lächeln war.
Sie war ihm Versteck und Schutz.
Sie hat ihm geholfen, nicht alles zu zeigen -
doch auch verhindert, dass er ganz gesehen werde.
Und dann kam der Tag,
an dem seine Hände müde wurden vom Festhalten,
sein Gesicht sehnte sich nach Licht,
und seine Seele flüsterte leise: 'Zeig dich.'
Er nahm die Maske in die Hand,
betrachtete sie -
ihr starres Lächeln,
die Geschichten, die sie erzählt hat,
die Rollen, die sie spielte.
Und dann zerbrach er sie.
Nicht mit Wut, sondern mit Würde.
Nicht, weil er alles hinter sich lassen wollte,
sondern weil er sich selbst finden wollte.
Jetzt ist sein Gesicht nackt -
aber nicht bloßgestellt.
Jetzt ist sein Blick offen -
nicht mehr verstellt.
Jetzt ist sein Lächeln echt.
Jetzt ist er da,
nicht mehr hinter einer Maske,
sondern als Mensch.
Keine Masken im Reich Gottes
Als kleine Kinder haben wir noch keine Masken getragen. Wir haben frei heraus gesagt, was wir dachten, und bedenkenlos unsere Gefühle geäußert. Wir haben offen gezeigt, was wir sind und was in uns ist. Bald aber haben wir gemerkt, dass wir uns damit Probleme schaffen. Unser freimütiges Verhalten wurde nicht akzeptiert.
Wir wurden zurechtgewiesen, zurechtgestutzt und bestraft. „Das tut man nicht”, „das ist nicht in Ordnung”, „sei brav”, „das gehört sich nicht für ein anständiges Kind”, „benimm dich, wie es sich geziemt”, bekamen wir zu hören. Auch mit Liebesentzug wurde uns gedroht. Wir haben von unserem Umfeld Ablehnung, Geringschätzung, Bloßstellung, Verspottet und Ausgelacht werden, Verurteilt und an den Pranger gestellt werden erfahren. Wir sind immer wieder darauf gestoßen: Wenn wir so sind, wie wir sind, das hat Folgen, unangenehme Folgen. Wir dürfen einfach nicht wir selbst sein.
Vielleicht haben wir noch eine Zeit lang dagegen rebelliert. Irgendwann aber haben wir begonnen uns anzupassen und haben nach und nach gelernt, Masken aufzusetzen, unser wahres Gesicht zu verdecken und unser wahres Wesen zu verstecken.
Wir setzen die „coole” Maske auf, um zu verbergen, dass wir schwach sind. Wir tragen die „Perfektions”–Maske, damit keiner unsere Fehler sieht. Wir verkleiden uns mit der „es geht mir gut”– und der „Fröhlichkeits”–Maske, auch wenn uns zum Weinen zumute ist, und wir Schmerz und Trauer spüren. Wir begegnen mit der „freundlichen Miene”–Maske, selbst wenn wir von Zorn und Wut erfüllt sind. Wir heucheln mit der „Ja und Amen”–Maske Zustimmung, nur um gut dazustehen, anderen zu gefallen und ihnen alles recht zu machen. Selbst Gott wollen wir mit der „frommen” und „scheinheiligen” Maske täuschen.
Lange ist die Liste der Masken, die Menschen erfinden, um sich dahinter zu tarnen und zu schützen.
Was hat es für Folgen, wenn wir unser wahres Selbst unterdrücken, wenn wir unsere von uns selbst und anderen nicht geliebten und nicht angenommenen Eigenschaften und Charakterzüge verleugnen?
Wir verdrängen sie und schreiben sie unbewusst anderen zu. Wir spalten damit Teile von uns ab. Ohne es zu merken, vergessen wir unser wahres Selbst, verlieren wir uns selber und unsere Ganzheit.
Wir begrenzen uns selbst und verkleinern den Raum der Entfaltung und Entwicklung unserer Person und unserer Fähigkeiten. Wir können nicht mehr mit Leichtigkeit leben. Wir vernachlässigen unsere Sehnsucht nach Freiheit und unsere inneren Bedürfnisse nach dem, was uns Freude macht und Glück bereitet. Frustration, Angst und Depression machen sich in uns breit.
Jesus hat uns Gott gezeigt als den unendlich Liebenden. Wir brauchen vor ihm keine Masken zu tragen. Denn erstens sieht und kennt er uns sowieso, wie wir wirklich sind. Und außerdem stellt er uns nicht bloß und verurteilt uns nicht, sondern nimmt uns an, wie wir sind. Vor Gott dürfen wir uns von allen aufgesetzten Masken befreien. Gott lässt uns sein. Gott lässt uns leben in der Unbeschwertheit des Seins. Bei ihm dürfen wir wie unbefangen und sorglos spielende Kinder sein.
Im Reich Gottes gibt es keine Masken. Da können wir unsere Masken ablegen und das wahre Selbst auferstehen lassen.
Johannes, Erzählung von Heinz Körner
Bitte höre, was ich nicht sage! Lass dich nicht von mir narren. Lass dich nicht durch das Gesicht täuschen, das ich mache. Den ich trage tausend Masken - Masken, die ich fürchte abzulegen. Und keine davon bin ich. So tun als ob, ist eine Kunst, die mir zur zweiten Natur wurde. Aber lass dich dadurch nicht täuschen, um Himmels Willen, lass dich nicht von mir narren. Ich mache den Eindruck, als sei ich umgänglich, als sei alles sonnig und heiter in mir, innen wie außen, als sei mein Name Vertrauen und mein Spiel Kühle, als sei ich ein stilles Wasser und als könne ich über alles bestimmen, so als brauchte ich niemanden.
Aber glaub mir nicht! Mein Äußeres mag sicher erscheinen, aber es ist meine Maske. Darunter bin ich wie ich wirklich bin: Verwirrt, in Furcht und allein. Aber ich verberge das. Ich möchte nicht, dass es irgend jemand merkt. Beim bloßen Gedanken an meine Schwächen bekomme ich Angst und fürchte mich davor, mich anderen überhaupt auszusetzen. Gerade deshalb erfinde ich verzweifelt Masken, hinter denen ich mich verbergen kann: Eine lässige, kluge Fassade, die mir hilft, etwas vorzutäuschen, die mich vor dem wissenden Blick sichert, der mich erkennen würde. Dabei wäre dieser Blick gerade meine Rettung. Und ich weiß es. Wenn es jemand wäre, der mich annimmt und mich liebt. Das ist das einzige, das mir die Sicherheit geben würde, die ich mir selbst nicht geben kann: dass ich wirklich etwas wert bin. Aber das sage ich dir nicht. Ich wage es nicht. Ich habe Angst davor. Ich habe Angst, dass dein Blick nicht von Annahme und Liebe begleitet wird. Ich fürchte, du wirst gering von mir denken und über mich lachen. Und dein Lachen würde mich umbringen. Ich habe Angst, dass ich tief drinnen in mir selbst nichts bin, nichts wert, und dass du das siehst und mich abweisen wirst.
So spiele ich mein Spiel, mein verzweifeltes Spiel: eine sichere Fassade außen und ein zitterndes Kind innen. Ich rede daher im gängigen Ton oberflächlichen Geschwätzes. Ich erzähle dir alles, was wirklich nichts ist, und nichts von alldem, was wirklich ist, was in mir schreit; deshalb lass dich nicht täuschen von dem, was ich aus Gewohnheit rede.
Bitte höre sorgfältig hin und versuche zu hören, was ich NICHT sage, was ich so gerne sagen möchte, was ich um des Überlebens willen rede und was ich nicht sagen kann. Ich verabscheue dieses Versteckspiel, das ich da aufführe. Es ist ein oberflächliches, unechtes Spiel. Ich möchte wirklich echt und spontan sein können, einfach ich selbst, aber du musst mir helfen. Du musst deine Hand ausstrecken, selbst wenn es gerade das letzte zu sein scheint, was ich mir wünsche. Nur du kannst mich zum Leben rufen. Jedes Mal, wenn du freundlich und gut bist und mir Mut machst,jedes Mal, wenn du zu verstehen suchst, weil du dich wirklich um mich sorgst, bekommt mein Herz Flügel - sehr kleine Flügel, sehr brüchige Schwingen, aber Flügel!
Dein Gespür und die Kraft deines Verstehens geben mir Leben. Ich möchte, dass du das weißt. Ich möchte, das du weißt, wie wichtig du für mich bist, wie sehr du aus mir den Menschen machen kannst, der ich wirklich bin, - wenn du willst.
Bitte, ich wünschte, du wolltest es. Du kannst die Wand niederreißen, hinter der ich zittere. Du allein kannst mir die Maske abnehmen. Du allein kannst mich aus meiner Schattenwelt, aus Angst und Unsicherheit befreien, aus meiner Einsamkeit. Übersieh mich nicht. Bitte übergeh mich nicht! Es wird nicht leicht für dich sein. Die lang andauernde Überzeugung, wertlos zu sein, schafft dicke Mauern. Je näher du mir kommst, desto blinder schlage ich zurück. Ich wehre mich gegen das, wonach ich schreie. Aber man hat mir gesagt, dass Liebe stärker sei als jeder Schutzwall und darauf hoffe ich.