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In der Collage sehen wir Jesus:
als Streetworker
als Gefangenenseelsorger
als Behindertenbetreuer
als Altenpfleger.
Die Szenen zeigen,
dass Jesu heilende Nähe
nicht nur ein Ereignis der Vergangenheit ist.
Er ist mitten unter den Jungen,
die gelangweilt an den Straßen herumstreunen.
Er ist da, wo Menschen hinter Mauern gefangen sind -
äußerlich oder innerlich.
Er schenkt neuen Mut,
wo das Leben eingeschränkt ist.
Er gibt Nahrung, Trost und Würde,
wo Alter und Schwäche schwer zu tragen sind.
So wird sichtbar:
Das Reich Gottes bricht dort an,
wo Menschen durch mitmenschliche Nähe
wieder Atem schöpfen,
aufgerichtet, gestärkt und getröstet werden.
Er heilt, die zerbrochenen Herzens sind
Text: Matthäusevangelium 4, 23–25 - Übersetzung dem griechischen Urtext nahe
23 Und Jesus zog umher in ganz Galiläa, er lehrte in ihren Synagogen und verkündigte die Frohbotschaft vom Reich und heilte jede Krankheit und jedes Gebrechen im Volk. 24 Und die Kunde von ihm ging aus in das ganze Syrien; und sie brachten hin ihm alle, die sich in krankem Zustand befanden, die durch verschiedene Krankheiten und Qualen bedrängt wurden, von Dämonen Besessene und Mondsüchtige und Gelähmte, und er heilte sie. 25 Und viele Leute von Galiläa und der Dekapolis und Jerusalem und Judäa und jenseits des Jordans folgten ihm.
Tiefenpsychologische Überlegungen
1. Textkontext
Der Abschnitt zeigt Jesus am Beginn seines Wirkens in Galiläa:
Er verkündigt die Frohe Botschaft vom Reich Gottes.
Er heilt alle Arten von Krankheiten und Leiden.
Viele Menschen kommen zu ihm, nicht nur aus Galiläa, sondern auch aus Syrien, der Dekapolis, Jerusalem, Judäa und von jenseits des Jordan.
Der Text ist geprägt von Dynamik: ein Anfang, ein Aufbruch, eine Bewegung von innen nach außen.
2. Tiefenpsychologische Deutung
a) Das Bedürfnis nach Ganzheit
Die 'Kranken' und 'Leidenden' sind nicht nur medizinisch zu verstehen. In der Tiefenpsychologie stehen sie für die verletzten, verdrängten oder
zerrissenen Teile des Menschen:
Körperliche Gebrechen symbolisieren die Ohnmacht.
Seelische Leiden (Besessenheit, Angst, Depression) stehen für das Übergewicht des Schattens, der uns von innen bedrückt.
Das 'Zu-ihm-Strömen' vieler Menschen deutet auf die Sehnsucht nach innerer Heilung und Zusammenfügen des Getrennten: das Ich sucht
Wiederherstellung durch Rückbindung an ein größeres Ganzes.
b) Archetyp des Heilands
C. G. Jung spricht vom 'Archetyp des Heilands': Er verkörpert die Sehnsucht der Psyche nach Erlösung und Ganzwerden. Im Bild Jesu zeigt sich der
innere Heiler, der in uns das Zerrissene wieder ins Gleichgewicht bringt. Jesus ist damit nicht nur eine historische Gestalt, sondern auch ein Symbol
für die heilende Kraft, die jedem Menschen innewohnt.
c) Die Bewegung des Unbewussten
Das 'Strömen der Massen' lässt sich auch als kollektive Bewegung deuten: Aus allen Richtungen, aus allen Schichten kommen Menschen.
Tiefenpsychologisch bedeutet das: Aus allen 'Regionen' der Persönlichkeit - aus dem Bewusstsein wie aus dem Unbewussten, aus nahen und fernen
Schichten - tritt das Verdrängte an die Oberfläche und sucht Heilung. Das Ich (das bewusste Selbst) allein ist überfordert; es braucht die
Mitte, das 'Selbst' (in Jungs Terminologie), das in Christus symbolisch sichtbar wird.
d) Krankheit als Weg zur Heilung
Krankheit ist nicht nur Mangel, sondern auch Hinweis: etwas will bewusst gemacht werden. Jesus heilt nicht durch Verdrängung, sondern durch
Wandlung. Er zeigt, dass Heilung möglich ist, wenn das Verborgene ans Licht kommt. In der Begegnung mit Jesus geschieht ein Wieder-ganz-Werden: das
Ausgeschlossene, das Dämonische, das Zerrissene wird in einen größeren Zusammenhang aufgenommen.
3. Existenzielle Aktualisierung
Auch heute 'strömen' Menschen zu Heilungsangeboten, suchen Stillezeiten, Therapien oder geistliche Übungen - weil eine tiefe Sehnsucht nach Sinn und Heilung da ist. Die Szene zeigt: Heilung ist nicht nur medizinische Wiederherstellung, sondern auch Seelenarbeit - die Wiederherstellung von Beziehung, Vertrauen, Zugehörigkeit. Tiefenpsychologisch: Wo wir innerlich 'krumm', 'lahm' oder 'besessen' sind, brauchen wir eine Mitte, die uns ordnet und heilt.
4. Schlüsselgedanken
Jesus als Heiler = Symbol für die heilende Mitte in uns. Krankheit = Ausdruck ungelöster innerer Konflikte, aber auch Chance zum Neubeginn. Strömen der Menschen = Sehnsucht der ganzen Psyche nach Heilwerden und Zusammenfügen des Getrennten. Reich Gottes = Bild für das Ziel: eine Ganzheit, in der Licht und Schatten versöhnt sind.
Gottes Wort ist für uns Befreiungsbotschaft
Das Evangelium erzählt: 'Und Jesus zog in ganz Galiläa umher, lehrte in den Synagogen, predigte das Evangelium vom Reich und heilte alle Krankheiten und alle Gebrechen im Volk.'
Wir sehen Jesus in Bewegung. Er bleibt nicht an einem Ort, sondern er geht dorthin, wo die Menschen sind. Er sucht die Begegnung. Und überall, wo er hinkommt, geschieht Heilung: Menschen finden Hoffnung, Menschen werden aufgerichtet, Menschen erleben, dass sie nicht vergessen sind.
Unsere Collage zeigt Szenen, die Matthäus heute beschreiben könnte: Jugendliche, die müde und ohne Perspektive am Rand sitzen. Ein Gefangener, der hinter Gittern auf jemanden wartet, der ihn ernst nimmt und nicht verurteilt. Eine Frau im Rollstuhl, die spürt: Ich darf lachen und leben. Eine alte Frau, die mit Liebe und Fürsorge Nahrung bekommt.
All diese Bilder erzählen von der gleichen Botschaft: Jesus ist da, wo Menschen an ihre Grenzen stoßen. Er ist da, wo die Hoffnung schwindet. Er ist da, wo Versagen und Verstrickung das Leben klein machen. Er ist da, wo Krankheit und Schwäche entmutigen. Jesus bringt keine billigen Lösungen, kein Wegzaubern der Not. Er bringt Nähe und Wärme, Einfühlen und Verstehen. Er bringt Zuwendung. Er bringt ein Licht, das im Dunkel leuchtet. Und das verändert alles.
Wie können wir das heute erfahren? Die Antwort liegt nicht nur im Rückblick auf Jesus in Galiläa. Sie liegt darin, dass sein Geist uns bewegt. Er ist gegenwärtig, wenn Menschen füreinander da sind, wenn jemand sich Zeit nimmt für einen anderen, wenn jemand einen Blick voller Güte schenkt, wenn jemand hilft, wo die Kräfte fehlen.
So wird die alte Botschaft von Matthäus lebendig: Das Reich Gottes ist nahe. Nicht irgendwo weit weg, sondern mitten unter uns, wenn wir reden und handeln wie Jesus.