Auf dem Weg
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Die zehn Aussätzigen werden körperlich geheilt.
- Sie können zurück in die Gesellschaft.
- Ein äußeres Leiden wird beseitigt.
Das ist die erste Ebene.

Nur bei einem von ihnen geschieht mehr:
- Er wendet sich innerlich zurück,
- er erkennt und anerkennt die Quelle seiner Heilung,
- er öffnet sich für Beziehung und Dank,
- er erlebt nicht nur Heilung, sondern Ganzwerdung.
Das ist die zweite Ebene.

Auf dem Weg

Text: Lukasevangelium 17, 11-19 - Übersetzuung: Das Buch

11 Als Jesus sich auf dem Weg nach Jerusalem befand, wanderte er mitten durch die Provinzen Samaria und Galiläa. 12 Als er gerade dabei war, in ein Dorf hineinzugehen, begegneten ihm zehn am Aussatz Erkrankte. Sie standen weit entfernt 13 und riefen ganz laut: 'Jesus, Meister, hab Erbarmen und hilf uns!' 14 Er sah sie an und sagte zu ihnen: 'Geht los und lasst euch von den Priestern untersuchen!' Und es geschah: Als sie sich auf den Weg machten, wurden sie geheilt und ihre Haut wurde wieder ganz gesund und rein. 15 Einer von ihnen drehte sich sofort um, als er merkte, dass er geheilt worden war, und lobte und pries Gott mit lauter Stimme. 16 Er warf sich direkt vor Jesus nieder und dankte ihm. Dieser Mann war ein Samaritaner. 17 Jesus sprach ihn an: 'Sind nicht zehn Leute gesund geworden? Wo sind denn die anderen neun? 18 War keiner von ihnen bereit, hierher zurückzukommen und Gott die Ehre zu geben, außer diesem Ausländer?' 19 Dann sagte er zu ihm: 'Steh auf und geh nach Hause! Dein Vertrauen hat dir die Rettung gebracht.'

Tiefenpsychologische Betrachtung

Die Erzählung von den zehn Aussätzigen ist mehr als ein Wunderbericht. Sie offenbart eine tiefe Dynamik der menschlichen Seele zwischen Mangel und Fülle, Abhängigkeit und Freiheit, Bittgebet und Dankbarkeit.

Die Aussätzigen stehen 'von ferne'. Diese Ferne ist nicht nur räumlich, sondern existentiell: Ausgeschlossen aus der Gemeinschaft, abgeschnitten von Nähe, Geborgenheit, Würde. In der Tiefenpsychologie entspricht dies dem Zustand des abgespaltenen Selbst - jenen inneren Anteilen, die wir aus Scham oder Schmerz aus unserem bewussten Leben ausgeschlossen haben. Sie rufen dennoch nach Leben, nach Heilung.

'Jesus, Meister, erbarme dich unser!' - hier spricht die sehnsüchtige, verwundete Seele. Der Schrei nach Erbarmen ist ein Akt der Selbsterkenntnis: Wer ruft, anerkennt seine Not. In vielen psychischen Heilungsprozessen ist dieser Schrei - das Zulassen des Schmerzes - der erste Schritt zur Wandlung.

Jesus heilt nicht sofort. Er sagt nur: 'Geht hin und zeigt euch den Priestern.' Die Heilung geschieht auf dem Weg, nicht am Ziel. Psychologisch gesprochen: Verwandlung setzt Vertrauen voraus. Der Mensch muss sich auf den Weg machen, bevor er das Resultat sieht. Glaube ist hier kein Fürwahrhalten, sondern ein existenzieller Schritt ins Offene.

Nur einer kehrt um. Er erkennt nicht nur seine körperliche Heilung, sondern die Gnade - das Geschenk des Lebens selbst. Dankbarkeit ist hier kein Höflichkeitsritual, sondern Ausdruck einer inneren Wandlung. Während die neun vielleicht äußerlich gesund werden, geschieht beim einen innere Ganzwerdung.

Der Dankbare ist ein Samariter - ein Fremder, ein Ausländer. Tiefenpsychologisch gesprochen ist das der verdrängte Anteil, der oft der Schlüssel zur Heilung ist. Gerade jener Teil, den wir meiden oder gering schätzen, birgt die größte Verwandlungskraft.

'Dein Glaube hat dich gerettet.' Diese Rettung ist mehr als körperliche Heilung. Dankbarkeit öffnet den Menschen für die Beziehung zum Ursprung, für Verbundenheit mit dem Göttlichen. Sie verwandelt den passiven Empfänger in einen aktiven Mitgestalter seines Lebens. Wer dankbar ist, bleibt nicht im Mangelbewusstsein, sondern tritt ein in die Fülle.

Gottes Wort hat heilende Wirkung

Zehn Aussätzige begegnen Jesus. Sie stehen abseits, rufen aus der Ferne: 'Jesus, Meister, erbarme dich unser!' Jesus sieht sie, spricht kein großes Wort, kein feierliches Gebet - er sagt nur: 'Geht und zeigt euch den Priestern.' Und während sie unterwegs sind, geschieht das Wunder: Sie werden gesund. Zehn Menschen werden geheilt. Nur einer kehrt zurück, fällt Jesus zu Füßen und dankt. Und dieser eine ist - ein Fremder.

Die Aussätzigen stehen 'von ferne'. Sie dürfen die Gemeinschaft nicht betreten. Sie sind ausgeschlossen - körperlich, gesellschaftlich, innerlich. Aussatz bedeutet: Du gehörst nicht mehr dazu. In dieser Ferne steckt eine große Symbolik: Wir alle kennen solche inneren Orte der Ferne. Orte, an denen wir uns nicht zugehörig fühlen, Orte, an denen wir uns selbst verloren haben oder abgeschnitten sind. Vielleicht ist es die Ferne nach einem Verlust. Vielleicht die Ferne durch Scham, Versagen oder Enttäuschung. Vielleicht die Ferne zu einem Menschen - oder sogar zu uns selbst. Doch gerade aus dieser Ferne erklingt der Ruf: 'Erbarme dich unser.' Dieser Schrei ist kein Zeichen der Schwäche - er ist der Beginn des Weges. Wo der Mensch sein Bedürfnis ausspricht, öffnet sich eine Tür.

Jesus heilt nicht sofort. Er gibt den Männern einen Auftrag: 'Geht und zeigt euch den Priestern.' Das ist ein Schritt ins Ungewisse. Denn sie sind noch krank. Sie haben keinen sichtbaren Grund, dass sich etwas ändern wird. Doch sie gehen. Und genau auf dem Weg geschieht das Wunder. Das ist zutiefst menschlich: Heilung, Versöhnung, innere Wandlung geschieht selten auf einen Schlag. Sie geschieht, während wir unterwegs sind. Während wir wagen zu glauben, obwohl wir noch nichts sehen. Glaube ist Bewegung.

Zehn Menschen werden gesund. Aber nur einer kehrt um. Warum nur einer? Vielleicht waren die anderen froh, endlich wieder leben zu dürfen. Vielleicht wollten sie zurück in ihre alten Kreise. Vielleicht hatten sie schlicht andere Pläne. Aber dieser eine - er sieht. Er spürt: Hier ist mehr geschehen als eine körperliche Heilung. Er kehrt zurück, lobt Gott, fällt Jesus zu Füßen. Dankbarkeit verwandelt das Geschehen von einem äußeren Ereignis in eine innere Begegnung. Dankbarkeit ist kein höflicher Zusatz. Sie ist ein Wendepunkt. Wo der Mensch dankt, erkennt er: Das Leben ist nicht selbstverständlich. Es ist Geschenk.

Der Dankbare ist ein Samariter - ein Fremder, einer, den man damals eher verachtet hat. Gerade dieser Fremde erkennt das Geschenk. Das ist mehr als eine historische Fußnote. Es zeigt: Oft liegt die Kraft zur Wandlung nicht in dem, was uns vertraut ist, sondern im Fremden, im Unerwarteten, in dem Teil, den wir vielleicht selbst lange übersehen haben. In der Sprache der Seele: Nicht selten trägt gerade das Verdrängte den Schlüssel zur Heilung.

'Sind nicht zehn rein geworden? Wo sind die neun?', fragt Jesus. Und zum einen spricht er: 'Dein Glaube hat dich gerettet.' Dieser eine hat mehr empfangen als Gesundheit. Er hat Beziehung gefunden. Er hat erkannt, wem er sein neues Leben verdankt. Er hat sein Herz geöffnet für Gott - und darin geschieht die eigentliche Rettung.

Dankbarkeit ist eine stille, aber kraftvolle Haltung. Sie verwandelt Mangel in Fülle, Ferne in Nähe, Schicksal in Beziehung. Ein dankbarer Mensch ist nicht blind für das Schwere - aber er erkennt zugleich die Gaben, die das Leben bereithält. Wer dankt, lebt nicht aus dem Anspruch, sondern aus der Verbundenheit. Er erkennt, dass alles, was er hat, nicht selbstverständlich ist.

Am Ende sagt Jesus zu dem einen: 'Dein Glaube hat dich gerettet.' Nicht: Dein Wissen. Nicht: Deine Leistung. Sondern: Dein Vertrauen. Deine Dankbarkeit. Deine Rückkehr.