Von Angst gelähmt und geheilt

Matthäusevangelium 9, 1-8

Hier ist ein Mensch, der in seiner Kindheit keine Fehler machen darf, der gezwungen wird, perfekt zu sein, dem nichts verziehen wird, der von klein auf nicht lernen kann, sich Fehler zu erlauben und sich seine Fehler zu vergeben. Er lebt fortwährend in Unfreiheit, wird ununterbrochen von der Angst gelähmt, etwas falsch zu machen, Schuld auf sich zu laden, Sünden zu begehen. Denn es wird ihm sehr früh schon in seinem Leben eingeredet, aufgeschwatzt und ins Herz eingebrannt, dass Gott jeden Fehler und jede Schuld sieht, keinen Fehler gutheißt, sondern straft, im schweren Fall mit ewiger Verdammnis.

Schon als Kind muss er das Sprücherl auswendig lernen: "Ich muss sterben und weiß nicht wann. Ich muss sterben und weiß nicht wie. Ich muss sterben und weiß nicht wo. Aber das weiß ich, wenn ich in einer schweren Sünde (einer sogenannten Todsünde) sterbe, bin ich auf ewig verloren." Diese Sätze haben sich in seine Seele abgrundtief eingeprägt. Dieser Mensch hat unaufhörlich Angst Fehler zu machen. Vieles, was er tut, tut er mit schlechtem Gewissen. Er fürchtet sich andauernd vor Sünden. So wird er Perfektionist und Neurotiker. Um gar nicht mehr in die Situation zu kommen, etwas zu tun, was nicht recht ist, tut er schlussendlich gar nichts mehr. Und er hört auf zu leben oder fängt gar nie an wirklich zu leben.

Mit seinen inneren Blockaden wird er zu Jesus gebracht. Jesus erkennt ihre Ursachen und begleitet ihn. Es braucht einen langen Heilungsprozess; denn die Grundmuster und das negative, angstmachende Gottesbild, die zur Lähmung geführt haben, sind tief in diesen Menschen eingegraben.

Langsam, langsam, Schritt um Schritt lernt dieser Mensch durch Jesus, dass Gott jedem Menschen bedingungslos und voraussetzungslos verzeiht, weil Gott niemals anklagt und verurteilt, sondern den Menschen unbedingt liebt, auch mit seinen Fehlern und Sünden. Immer schon.

Nicht von einer Stunde auf die andere, nicht von einem Tag auf den anderen, nicht von einer Woche zur nächsten, sondern in kleinen Fortschritten lernt dieser Mensch durch Jesus, sich selbst nicht mehr anzuklagen und zu verurteilen, sich selbst zu lieben, sich selbst anzunehmen, sich Fehler zuzutrauen und sich Fehler zu verzeihen.

Mit der Zeit wird aus diesem Angstneurotiker und Perfektionisten durch Jesus ein lebensbejahender, lebensfroher, befreiter Mensch. Die Leute, die ihn von früher kennen, denken: Was ist mit diesem Menschen passiert? So kennen wir ihn gar nicht. Wie hat er zu so viel Lebensfreude gefunden?

Jesus sagt uns: Ihr alle seid fähig, einander zu begleiten und euch gegenseitig aus solchen "Lähmungen" herauszuhelfen.