Verstummt

Lukasevangelium 1, 5–25

Wenn es tatsächlich so wäre, dass mangelndes oder fehlendes Gottvertrauen verstummen lässt, wäre es unter uns Menschen wahrscheinlich meist auffallend und angenehm ruhig und still. Vielleicht wäre dieser Zustand sogar wünschenswert, weil ohnehin soviel gedankenloser, oberflächlicher, überflüssiger, unkluger, unsinniger Wortmüll geredet, geschwatzt und geschwätzt, gequatscht und getratscht, geplappert und geschnattert wird.

Nicht nur die wirtschaftliche Inflation kann hoch sein, sondern auch die Inflation der Worte. Statistisch gesehen spricht jeder Mensch im Durchschnitt 16 000 Wörter pro Tag. Hochgerechnet auf die durchschnittliche Lebenserwartung kommen dabei am Ende ungefähr eine halbe Milliarde Wörter heraus. "Wir bringen unsere Tage zu wie ein Geschwätz", heißt es in einem biblischen Psalmengebet. Worüber wird denn pausenlos so viel geredet? Auch dafür gibt es Berechnungen. Platz eins belegen mit etwas über 70 Prozent Nachrichten aus dem Bekanntenkreis, knapp dahinter liegt das Gerede über Preise, dicht gefolgt vom Reden über das eigene Befinden. Sinnfragen landen weit abgeschlagen auf den hinteren Plätzen und machen weniger als ein Viertel unserer täglichen Wörterflut aus.
Aber das nur nebenbei. Ich wende mich nun wieder dem Text des Evangeliums zu.

Das Vertrauen, das bei Gott kein Ding unmöglich ist, macht das Leben schön und hoffnungsfroh, mindert Herzensangst, Beklemmung und Todesfurcht, führt in die Weite, lässt Menschen Flügel wachsen und Mauern überspringen. Mangelndes oder fehlendes Gottvertrauen bewirkt das Gegenteil, vor allem beengt es das Leben in vielfacher Hinsicht und lässt keine bleibende Lebensfreude aufkommen.

Es kann ein Mensch religiös und fromm sein, alle religiösen Gebote und Pflichten, Normen und Regeln befolgen, Traditionen, Vollzüge und Dogmen einhalten, priesterliche Dienste verrichten, solange ihm wahres Gottvertrauen fehlt, ist seine ganze Religion nichtig.

Bei Gott ist kein Ding unmöglich: Elisabeth bekommt in ihrem Alter ein Kind. Lebenserfüllung wird ihr und ihrem Mann zuteil. Es fällt nun auch die gesellschaftliche Schmach weg. Kinderlosigkeit galt als Schande und als Zeichen, von Gott verstoßen zu sein.

Ihrem Kind wird eine große Zukunft vorausgesagt. Groß wird er sein vor Gott, nicht in den Augen der Welt. Von Gottes Geist wird er erfüllt sein und vielen Menschen mit seiner Überzeugungskraft, seiner ansteckenden Freude und Begeisterung den Weg zu Gott bereiten. Ein einfaches Leben wird er führen und Alkohol und irdische Lebensgenüsse meiden.

Johannes der Täufer wird er später genannt. Tatsächlich wurde er ein Großer vor Gott. Beherzt, mutig, energisch, entschlossen verkündete er Gottes Wort. Nicht Priester wurde er so wie sein Vater. Die Tempelreligion und ihren Opferkult lehnte er entschieden ab. Als Prophet trat er öffentlich auf, keiner Religionsgemeinschaft, sondern Gott allein verpflichtet.