Reich Gottes - der Reichtum im eigenen Inneren

Lukasevangelium 16, 19–31

Kommentar

Um die Haltung und Einstellung zu Besitz und Reichtum geht es Jesus in seiner Gleichnisgeschichte von dem reichen Menschen und seinen fünf Brüdern. Die Kluft zwischen diesem Menschen, der an Besitz und Reichtum festklebt und ihnen verfallen ist, und dem Schoß Abrahams ist groß, aber sie ist kein unüberwindbarer Abgrund. Das ist eine nicht zutreffende Übersetzung. Der „Schoß Abrahams” ist ein bildhafter Ausdruck für Reich Gottes, für erfülltes und geglücktes Leben.

„Eher kommt ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt”, sagt Jesus. Wir können diese Worte drehen und wenden, deuten und abschwächen, wie wir wollen, ein Kamel kommt niemals durch die Öffnung einer Nadel. Solange wir unser Herz an Besitz und Reichtum hängen, an sie gebunden und ihnen hörig sind, solange verschließen wir uns selbst die Tür zum Reich Gottes.

Das Reich Gottes finden wir nicht im Außen, sondern in uns selber, in unserem Inneren, bei uns daheim. Da liegt der wahre Reichtum, der Schatz im Himmel, den wir ersehnen.

Jesus missgönnt und vermiest uns materiellen Besitz nicht. Sondern im Gegenteil: Er zeigt uns den Weg zum Reich Gottes, dem Leben in Unbeschwertheit, Leichtigkeit, Sorglosigkeit, Unverkrampftheit, Freiheit und wahrem Glück. Und dieser Weg führt nun einmal über das freiwillige Loslassen von Besitz und Reichtum.

Der Mensch, der Reichtum und Besitz zu seinem Ein und Alles macht, ist festgehalten und verkrampft, beherrscht und versklavt.

Als für „Jedermann” – im Spiel vom Sterben des reichen Mannes von Hugo von Hofmannsthal – das Lebensende naht, und niemand bereit ist, ihn vor den Richterstuhl Gottes zu begleiten, wirft er sich auf seine Geldtruhe. Sie will er mitnehmen in die Ewigkeit. Aber in demselben Augenblick springt ihr Deckel auf, und in leibhaftiger Gestalt steigt der Mammon heraus. Er gibt sich Jedermann zu erkennen: „Dein Reichtum bin ich, dein Geld, dein ein und alles auf der Welt.” Dann kommt es zum Wortwechsel zwischen den beiden. Jedermann: „Und du gehst mit, es ist an dem.” Mammon: „Nicht einen Schritt, bin hier bequem.” Jedermann: „Bist mein, mein Eigentum, mein Sach.” Mammon: „Dein Eigen, ha, dass ich nicht lach.” Jedermann: „Hab dich gehabt zu meinem Befehl.” Mammon: „Und ich regierte deine Seel.” Jedermann: „Warst mir zu Diensten in Haus und Gassen.” Mammon: „Ja, hab dich am Schnürl tanzen lassen.” Jedermann: „Warst mein leibeigner Knecht und Sklav.” Mammon: „Nein, du mein Hampelmann recht brav.”

Jesus will uns befreien und herauslösen aus jeder Hörigkeit und Versklavung und uns zur Würde und Freiheit der Kinder Gottes führen – zum Reich Gottes.

Wer wie ein Hampelmann in Abhängigkeit und Besessenheit von Besitz und Reichtum geraten ist und sich wie eine Marionette an ihrem Schnürchen führen lässt, für den ist die Tür zum Reich Gottes nicht für immer und ewig verschlossen. Denn er hat zu jeder Zeit die Möglichkeit zu lernen, sich aus dem Zustand der Verkrampfung in Besitz und Reichtum zu lösen. Und das wird er auch tun, dann, wenn er erkennt, dass die wahren Reichtümer und die bleibenden Schätze, nach denen er sich zutiefst sehnt, nicht in äußeren Dingen, nicht in Besitz und Reichtum zu finden sind, sondern in der Tiefe seines eigenen Herzens.