Jesu Krankenbesuch

Matthäusevangelium 8, 14–17

Jesus machte als nachgehender Seelsorger einen Krankenbesuch bei der Schwiegermutter des Petrus.

Was ihren "Fieberzustand" ausgelöst hat, wissen wir nicht. Sie war nach damaliger Lebenserwartung eine alte Frau. Möglicherweise waren ihr Hör- und Sehvermögen, ihre Mobilität schon eingeschränkt. Es ist denkbar, dass sie sich mit Sorgen gequält hat, weil ihr Schwiegersohn Petrus seinen Beruf aufgegeben und seine Familie verlassen hat und Jesus gefolgt ist. Vielleicht waren wie bei vielen alten Menschen Lebenswille und Lebensfreude nicht mehr in bester Verfassung und ihr Lebenssinn war ins Wanken geraten. Kann sein, dass sie manchmal dachte oder sagte: Wozu bin ich noch da? Ich falle den anderen in der Familie zur Last. Am gesellschaftlichen Leben kann ich nicht nehr so teilnehmen wie früher. Wenn ich einmal Pflege brauche, wer wird sich um mich kümmern. Manchmal glaube ich, Gott hat mich vergessen. Oder hat er mich für Sünden bestraft? Unsere jüdischen Lehrer sagen uns ja, dass Krankheit Strafe Gottes ist. Am liebsten möchte ich nicht mehr sein.

Da kam Jesus zu ihr ans Krankenbett. Von Angesicht zu Angesicht setzte er sich zu ihr - auf Augenhöhe. Er "sah" sie, ihr bitteres Los fuhr ihm ins Herz. Er nahm ihre Hand in seine, schenkte ihr Zeit und Aufmerksamkeit, einfühlend und verständnisvoll hörte er ihr zu, ließ sie sagen, wie es ihr geht, was ihr fehlt, was ihr Kummer bereitet, ließ sie traurig sein, ließ sie jammern und weinen. Er streichelte ihr über ihren Kopf, streichte sanft über ihre Stirn und ihre Wangen. Er sprach zu ihr von Gott und sagte ihr, dass Gott die alten Menschen genauso lieb hat wie die jungen, und sie bei ihm ihre Würde nie verlieren, dass er ihr Leben in seiner Hand hält, immer bei ihr ist und sie mit seiner Liebe umgibt, jeden Weg mit ihr geht, durch alle Beschwerlichkeiten, die daherkommen, durch alle Lasten, die das Leben auferlegt, durch jede Traurigkeit, jede Sorge und Angst, die sie befällt, und durch jede Träne, die sie weint.

Jesus hat ihr Beistand und Trost, Würde, Wertschätzung, Mut, Kraft und Hoffnung geschenkt und ihr Vertrauen auf Gottes Liebe gestärkt.

Aufrichten
Rembrandt, Aufrichten

Wir können uns gut vorstellen, dass Jesus, der Seelsorger und Therapeut, sie aufgerichtet hat im wahrsten Sinne des Wortes. So mag er zu ihr gesagt haben: Komm, steh auf, du kannst es, lebe! Dein Leben ist auch in deinem Alter kostbar, wertvoll und schön!

Wo immer Menschen auf andere zugehen, Zeit, Beistand und Trost, Würde und Wertschätzung schenken, Gottvertrauen stärken, Mut machen, Hoffnung geben, geschieht das Wunder des Aufrichtens, des Aufstehens. "Da kommen Menschen wieder auf die Füße."