Keine Drohworte aus dem Mund Jesu

Lukasevangelium 10, 10–16: wortgetreue Übersetzung aus dem griechischen Urtext

10 Aber in welche Stadt ihr hineingekommen seid und nicht sie aufnehmen euch, hinausgegangen auf ihre Straßen, sagt: 11 Auch den Staub, sich geheftet habenden uns aus euerer Stadt an die Füße, schütteln wir ab euch; doch, dies wisst, dass nahe gekommen ist das Reich Gottes!

12 Ich sage euch: Für Sodom an jenem Tag erträglicher wird es sein als für jene Stadt. 13 Wehe dir, Chorazin! Wehe dir, Bethsaida! Denn wenn in Tyrus und Sidon geschehen wären die Machttaten geschehenen bei euch, längst, in Sack und Asche sitzend, hätten sie umgedacht. 14 Doch für Tyrus und Sidon erträglicher wird es sein im Gericht als für euch. 15 Und du, Kafarnaum, etwa bis zum Himmel wirst du erhöht werden? Bis zur Totenwelt wirst du hinabsteigen. 16 Der Hörende euch mich hört, und der Verwerfende euch mich verwirft; aber der mich Verwerfende verwirft den gesandt Habenden mich.

Drohen, einschüchtern, Angst machen, anherrschen, in herrischem, heftigem Ton zurechtweisen, anschnauzen, donnern, poltern, anklagen, verurteilen sind Worte, in denen sich Gewalt verbirgt.

Die Wertordnung Gottes verkündet uns Jesus in der Rede auf dem Berg. Da sagt er unter vielem anderen: 'Selig sind die Sanftmütigen'. (Matthäus 5, 5) Das bedeutet mit anderen Worten: Richtig vor Gott sind die Menschen, die keine Gewalt anwenden, weder in Gedanken noch mit Worten noch körperlich noch sonst irgendwie.

Was Jesus mit Worten verkündet hat, hat er selbst gelebt. Jesu Kommunikation war gewaltfrei. Er hat uns außerdem gesagt und gezeigt, dass in der Liebe und im Frieden keine Gewalt ist, und dass Gott Liebe und Frieden ist, also gewaltfrei mit seiner Schöpfung kommuniziert.

Die Evangelienstelle Lukas 10, 10-16 ist gespickt voll mit Drohungen. Sie stammen vom Autor des Evangeliums und wurden Jesus in den Mund gelegt. Was uns dieser Text sagt, lässt sich mit anderen Worten, nämlich gewaltfrei sagen. Die gewaltfreie Ausdrucksweise hat Jesus angewendet.

Wir versuchen diesen Text gewaltfrei zu formulieren.

Jesus sagt zu seinen Jünger:innen, die er ausgesandt hat, in die Dörfer und Städte zu gehen und den Menschen die Botschaft Gottes in Wort und Tat zu verkünden: Wenn ihr in eine Stadt kommt, und die Menschen nehmen eure Gottesverkündigung nicht an, dann geht gelassen von ihnen weg, drückt ihnen eure Überzeugung nicht aufs Auge, denkt gut von ihnen, vertraut sie gütig dem Schutz und Segen Gottes an. Seid gewiss, dass der ewig liebende Gott nie den Stab über sie bricht, sie nicht verurteilt und verdammt. Er schenkt ihnen Zeit und Geduld und gibt die Hoffnung niemals auf, dass sie seine Wertordnung lernen. Gott verkündigend am See Genesareth kam ich oftmals in die Orte Chorazin, Bethsaida und Kafarnaum. Oft war ich traurig und erschüttert, dass Menschen meine Worte nicht annahmen und aufnahmen, lieber der Wertordnung der Welt verhaftet blieben und sich nicht der Fülle des Lebens zuwandten, die mein Weg bereithält. Niemanden betrachtete ich als hoffnungslosen Fall, sondern traute allen zu, dass sie einmal anfangen Gottes Wertmaßstäbe zu lernen und zu leben. Niemals habe ich jemandem gedroht mit Gottes Verurteilung und Strafe, sondern habe sie in mein gütiges Herz genommen.