Kein Drohen, Schimpfen und Beleidigen im Reich Gottes

Matthäusevangelium 23, 13–39

Nachdem ein Vater schon in die Jahre gekommen war und seine Kinder längst aus dem Haus waren, gewann er eine tiefe Einsicht. Er entschloss sich, seine Kinder einzuladen und sie um Vergebung zu bitten. Er sagte ihnen: Jede Drohung, die ich ausgesprochen, jede Situation, in der ich euch in Angst versetzt, jedes Schimpfwort, das über meine Lippen kam, jede lieblose Äußerung, die ich gemacht habe, jede Kränkung, Demütigung, Herabsetzung und Beleidigung, Anklage und Beschuldigung tun mir zutiefst leid. Ich bitte euch um Vergebung. Heute spüre und erkenne ich, dass all das Gewaltanwendung war.

Wenn schon ein irdischer Vater zur Überzeugung gelangt, dass Drohen, Angst machen, Schimpfen, Kränken, Demütigen, Herabsetzen und Beleidigen, Anklagen und Beschuldigen nicht richtig und Formen von Gewalt sind, weiß der himmlische Vater es unendlich Mal besser.

Jesus sagte: Ich und der Vater sind eins. In meinem Denken, Reden und Tun spiegelt mein Abba sein Denken, Reden und Tun. Gewalt kommt in IHM und in mir nicht vor, auch nicht in unscheinbarer Art. Die verletzenden Worte in diesem Evangelium stammen nicht von mir, sondern von Menschen nach meiner Zeit als Jesus von Nazareth. Sie sind der Auseinandersetzung zwischen dem religiösen Judentum und der ersten Christenheit geschuldet. Einmal mehr weise ich auf meine Worte hin: Richtig sind, die keine Gewalt anwenden.

Sehr wohl gehen die Worte auf mich zurück, die der Verfasser des Matthäus-Evangeliums überliefert: "Jerusalem, Jerusalem, du tötest die Propheten und steinigst die Boten, die zu dir gesandt sind. Wie oft wollte ich deine Kinder sammeln, so wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt; aber ihr habt nicht gewollt." Und ebenso richtig wiedergegeben ist im Lukas-Evangelium: "Als er (= Jesus) näher kam und die Stadt (= Jerusalem) sah, weinte er über sie und sprach: Wenn doch auch du erkannt hättest, wenigstens noch an diesem deinem Tag, was zu deinem Schalom dient!" Schalom bedeutet einen Zustand, der keine unerfüllten Wünsche offen lässt.

Damals hat Jesus liebe- und friedvoll, freundlich und herzlich versucht, seine "Gegner" von seiner Botschaft vom unbedingt liebenden, grenzenlos gütigen, unendlich barmherzigen und bedingungslos vergebenden Abba-Gott zu überzeugen. Sie waren noch nicht bereit, sich von ihm überzeugen zu lassen.

Heute sind wir Empfänger der Jesus-Botschaft. Heute sind wir von ihm eingeladen, das Evangelium, die unserem Schalom dienende Botschaft, in unser Herz zu nehmen und sie liebe- und friedvoll, freundlich und herzlich in unserem Reden und Handeln weiterzugeben an unsere Mitgeschöpfe.