Gnadenjahr statt Galgenfrist

Lukasevangelium 13, 6-9 - Übersetzung: Hoffnung für alle

6 Und dann erzählte Jesus ihnen dieses Gleichnis: "Ein Mann hatte in seinem Weinberg einen Feigenbaum gepflanzt. Jahr für Jahr sah er nach, ob der Baum Früchte trug. Aber vergeblich! 7 Endlich rief er seinen Gärtner: 'Schon seit drei Jahren komme ich immer wieder und schaue nach Früchten, aber ich finde keine. Hau den Baum um. Warum soll er den Boden weiter aussaugen?' 8 Aber der Gärtner bat: 'Herr, lass ihn noch ein Jahr stehen! Ich will den Boden um den Baum herum noch einmal umgraben und ihn gut düngen. 9 Wenn er dann Früchte trägt, ist es gut; sonst kannst du ihn umhauen.'

So sprach Johannes der Täufer: Lukas 3, 7-9

7 Die Menschen kamen in Scharen zu Johannes, um sich von ihm taufen zu lassen. Aber er hielt ihnen entgegen: 'Ihr Schlangenbrut! Wer hat euch auf den Gedanken gebracht, ihr könntet dem kommenden Gericht Gottes Entrinnen? 8 Zeigt durch Taten, dass ihr wirklich zu Gott umkehren wollt! Bildet euch nur nicht ein, ihr könntet euch damit herausreden: Abraham ist unser Vater!' Ich sage euch: Gott kann selbst aus diesen Steinen hier Nachkommen für Abraham hervorbringen. 9 Schon ist die Axt erhoben, um die Bäume an der Wurzel abzuschlagen. Jeder Baum, der keine guten Früchte bringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen.'

So stellte sich Johannes den Welterlöser vor: Lukas 3,15-17

15 DieLeute ahnten, dass bald etwas geschehen würde, und alle fragten sich, ob nicht Johannes der Christus, der ersehnte Retter, sei. 16 Doch Johannes erklärte öffentlich: 'Ich taufe euch mit Wasser, aber nach mir wird ein anderer kommen, der viel mächtiger ist als ich. Ich bin nicht einmal würdig, ihm die Schuhe auszuziehen. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen. 17 Er hat schon die Schaufel in seiner Hand, mit der er die Spreu vom Weizen trennt. Den Weizen wird er in seine Scheune bringen, die Spreu aber wird er in einem Feuer verbrennen, das nie verlöscht.'

Johannes der Täufer verkündet Gott als Angst verbreitenden Gerichts-, Straf- und Vernichtungsandroher.

So spricht Jesus: Lukas 4, 16-19

16 So kam Jesus auch nach Nazareth, wo er aufgewachsen war. Am Sabbat ging er wie gewohnt in die Synagoge. Als er aufstand, um aus der Heiligen Schrift vorzulesen, 17 reichte man ihm die Schriftrolle des Propheten Jesaja. Jesus öffnete sie, suchte eine bestimmte Stelle und las vor: 18 'Der Geist des Herrn ruht auf mir, weil er mich berufen und bevollmächtigt hat. Er hat mich gesandt, den Armen die frohe Botschaft zu bringen. Ich rufe Freiheit aus für die Gefangenen, den Blinden sage ich, dass sie sehen werden, und den Unterdrückten, dass sie von jeder Gewalt befreit sein sollen. 19 Ich verkünde ihnen ein Jahr, in dem der Herr seine Gnade zeigt.'

Jesus verkündet mit seinen Worten und Taten Gott als Befreienden, Heilenden, alles gut Machenden. Das Gnadenjahr dauert solange, bis Jesus der Gute Hirte alle 'Schäfchen' heimgebracht hat zum mütterlich und väterlich ewig Liebenden.

Vielleicht erzählt Jesus das Gleichnis vom Feigenbaum so oder ähnlich.

Es war einmal ein Feigenbaum mitten in einem Weingarten. Er meinte, das Leben zu kennen, denn er kannte den Boden, auf dem er stand. Es war guter Boden, nicht zu trocken und nicht zu feucht. Eigentlich hätte er zufrieden sein können; aber er war es nicht. Ihn störten die Weinstöcke um ihn herum. Einmal hatte ihn eine Rebe, die neben ihm wuchs, gefragt: 'Warum hast du eigentlich so wenig Blätter? Und wieso wachsen denn gar keine Früchte an dir?'' Da hatte er mürrisch geantwortet: 'Weil ich nicht so dumm bin wie ihr. Warum soll ich meine Kraft und meinen Saft für Blätter und Früchte vergeuden, um sie dann herzugeben? Ich lebe doch so viel besser!' Und als eine andere Rebe erwiderte, 'aber die Menschen freuen sich über uns'', hatte er nur gelacht. 'Seht euch doch einmal an! Ihr seid nicht halb so groß wie ich. Ich brauche meine Kraft für mich selbst.'

Eines Tages kam der Besitzer des Gartens zum Feigenbaum und sah ihn lange an. Dann murmelte: 'Hat der denn noch immer keine Feigen?' Er schüttelte den Kopf, zuckte mit den Schultern und ging weg. Da dachte der Baum: 'Ich bin besonders klug, denn ich gehöre nur mir selbst. Gut, dass ich keine Früchte hervorgebracht habe!'

Doch dann ereignete sich etwas, was sein Leben völlig verändern sollte. Wieder einmal war der Weinbergbesitzer gekommen, um Feigen am Feigenbaum zu suchen. Als er jedoch diesmal erneut keine fand, ging er nicht weg, sondern rief den Gärtner: 'Gärtner, komm und bring eine Axt mit!' Der Gärtner kam mit einer Axt auf der Schulter. 'Drei Jahre bin ich jetzt umsonst gekommen'', sagte der Besitzer zum Gärtner, 'drei Jahre hat dieser Baum keine einzige Frucht gebracht! Hau ihn um! Er nimmt dem Boden die Kraft und den Weinreben den Platz.' Den Feigenbaum ergriff die Angst. Er sollte umgehauen werden?! Er, der Schönste, Größte und Klügste im ganzen Garten?! Und er glaubte, nicht recht zu hören, als der Gärtner antwortete: 'Herr, lass ihm noch ein Jahr! Ich will um ihn herum graben und ihn düngen und begießen. Vielleicht nützt es was.' 'Also gut', sagte der Weinbergbesitzer und ging fort. Und der Gärtner legte die Axt beiseite, holte seine Gießkanne und goss den Baum. Der Feigenbaum wunderte sich: 'Warum hilft mir der Gärtner?' Und er ließ alles mit sich geschehen.

Der Gärtner kam nun oft. Er düngte den Feigenbaum, lockerte die Erde um ihn herum und begoss ihn mit Wasser. Und als die ersten Knospen kamen und sich entrollten, machte unser Feigenbaum nicht einmal den Versuch, sie zurückzuhalten. Riesige Blätter entstanden, und er wurde immer größer. Dann bedeckten sich seine Zweige mit vielen Blüten. Die Weinreben um ihn herum staunten. Auch der Feigenbaum verstand die Welt nicht mehr: 'Ich habe doch gar nichts dazu getan.' Und auf einmal freute er sich, wenn der Gärtner sich mittags in seinen Schatten setzte. Er fing an, den Gärtner gern zu haben, und dachte gar nicht mehr daran, ihn nicht an sich arbeiten zu lassen. Im nächsten Jahr kamen die ersten Früchte. Und im Spätsommer trug er schon wieder neue Früchte. Als geerntet wurde, dachte er: 'Merkwürdig, drei Jahre habe ich mich angestrengt, um glücklich zu leben, und sollte gefällt werden. Jetzt habe ich ein Jahr lang nichts getan, als an mir arbeiten zu lassen, und die anderen freuen sich über mich, und ich bin glücklich wie nie.' Es schien ihm, als würde er erst jetzt anfangen zu leben. (Quelle dieser Gleichnisgeschichte: Göttinger Predigten im Internet; von uns verkürzt)