Aussätzigenheilung

Matthäusevangelium 8, 1–4

Wir fühlen uns ein in das Leben des aussätzigen Mannes, es ist für uns gar nicht wirklich vorstellbar, wie es ihm geht.

Im Folgenden schreiben wir in der Ich-Form.

Jeder Mensch meidet den Umgang mit mir, jeder macht einen weiten Bogen um mich und läuft vor mir davon.

Keiner redet mit mir, keiner lacht mich an, keiner sagt ein freundliches Wort zu mir; ich bekomme nur zu hören: hau ab, verschwinde, schleich dich fort.

Die Frommen schreien mir von weitem zu: du verdammter Sünder, du, dir geschieht recht, du verdienst nichts anderes, du gehörst nie mehr zu uns, wir wollen nie mehr was zu tun haben mit dir.

Meine Krankheit schreitet voran, meine Haut stirbt immer mehr ab, ich beginne bei lebendigem Leib zu verfaulen.

Ich komme mir von Menschen und von Gott ganz und gar verlassen und verstoßen vor und ich denke, das wird sich nie mehr ändern, ich werde elendiglich abkratzen; und keiner wird um mich trauern, keinem werde ich abgehen.

Eines Tages kommt einer, der geht auf mich zu; ich schreie "unrein, unrein", aber er lässt sich nicht aufhalten, er kommt näher; ich renne davon, verstecke mich; er geht mir nach, sucht mich, und sagt: bitte lauf nicht weg von mir, ich meine es gut mit dir, hab Vertrauen zu mir. Ich bin misstrauisch, aber irgendwie sehne ich mich danach, dass er zu mir kommt. Dann ist er bei mir, vorsichtig streichelt er mit seiner Hand über meinen Kopf.

Er fragt mich, wie ich heiße, dann spricht er mich bei meinem Namen an. Es ist schon eine Ewigkeit her, dass jemand meinen Namen ausgesprochen hat.

Dann sagt er zu mir: Ich komme wieder zu dir, immer wieder werde ich zu dir kommen. Beim nächsten Mal streichelt er mich wieder, sagt so schöne, wohltuende Worte zu mir. Jahre hat keiner mehr ein freundliches Wort zu mir gesagt; ich fange an, mich irgendwie neu zu fühlen.

Und dann erzählt er mir, dass Gott ein Vater zu mir ist, ein Abba, ein lieber Vati, der mich unendlich liebt; ich denke, das wäre so schön, wenn das wahr wäre; ich fange allmählich an, ihm und seinen Worten zu vertrauen; er ist zu mir, wie noch nie ein Mensch zu mir war.

Jedesmal wenn er kommt und wenn er geht, umarmt er mich lange; und dann umarme auch ich ihn, ich habe ihn längst liebgewonnen; wir gehen miteinander, er schenkt mir seine Zeit, seine Aufmerksamkeit, seine Wertschätzung, er hört mir zu, er sagt zu mir, dass ich ihm alles erzählen kann, was mir am Herzen liegt.

Es vergehen Wochen, wir werden Freunde; ich kanns von einem aufs andere Mal kaum erwarten, dass er wieder kommt; ich bin geheilt, denn es gibt einen Menschen, der mich mag, der mein Freund ist; und ich habe einen Gott, der mich unendlich gern hat.

Ich bin sein Freund bis zu seinem Lebensende. Als er am Kreuz stirbt, stehe ich unter seinem Kreuz, bin bei ihm, und ich spüre seine Nähe, wie ich sie immer gespürt habe, wenn er bei mir war. Und ich bin gewiss, unsere Freundschaft hört nie mehr auf, sie überdauert den Tod. Wir werden uns wiedersehen.