Kommentar zu Matthäus 4, 12-17
Gemäß dem Matthäus-Evangelium begann Jesus seine Gottesverkündigung in Galiläa und beendete sie in Galiläa (Mt 28, 16-20). Der Verfasser des Matthäus-Evangeliums, der zuerst der jüdischen Religion angehörte, dann zum Christentum wechselte, und dessen erste Adressaten seines Evangeliums ebenfalls Judenchristen waren, wies mit vielen Stellen aus den Schriften des Alten Testamentes darauf hin, dass in Jesus diese Ankündigungen in Erfüllung gingen.
Johannes der Täufer wurde nach etwa einjährigem öffentlichem Wirken von Herodes Antipas in der Festung Machärus im Ostjordanland - etwa 25 km südöstlich der Jordanmündung ins Tote Meer und 1120 m über diesem - inhaftiert. Zu dieser Zeit begann Jesus sein öffentliches Auftreten.

Galiläa (von hebräisch "galil" = Gebiet; "galil" ist die Abkürzung von "galil ha-gojím" = Gebiet der Nichtjuden) war der nördlichste Teil Israels.
Heiden wurden von den religiösen Juden Menschen bezeichnet, die nicht dem religiösen Judentum und somit nicht dem auserwählten Volk Gottes angehörten, wie sie sich selbst nannten.
Sébulon und Náftali waren Söhne des israelitischen Stammvaters Jakob (auch Israel genannt). Nach der vierzigjährigen Zeit des Volkes Israel in der Wüste wurde das Land Kanaan nach und nach erobert und auf die zwölf Stämme Israels aufgeteilt. Galiläa wurde das Stammgebiet von Sébulon und Náftali.
Nazareth wird nur in den Evangelien und in der Apostelgeschichte erwähnt, in keiner alttestamentlichen und auch in keiner anderen neutestamentlichen Schrift. Kafarnaum (auch Kapernaum genannt; hebräisch: kfar nahum = Dorf des Nahum) lag etwa 35 km nordöstlich von Nazaret und war einst die bedeutendste Stadt im Nordwesten des Sees Genesareth, in der Nähe der Einmündung des Jordan und nahe der fruchtbaren und dicht besiedelten Ebene Genesareth. Heute ist Kafarnaum ein Ort von Ruinen und höchst interessanten Ausgrabungen (z. B. das Haus des Petrus).

Die Straße am Meer (die Römer nannten sie via maris) würde man heute als Transitverbindung bezeichnen. Sie war die bedeutendste Verkehrsader der Antike, die die antiken Großmächte miteinander verband: anfangs Ägypten mit Mesopotamien, später auch mit Griechenland und Rom. Kafarnaum war an der Via Maris gelegen.
In Galiläa haben sich stets nichtjüdische Bevölkerungsgruppen behauptet. 722 v. Chr. wurde das Nordreich Israel von den Assyrern erobert. Der jüdische Adel wurde verschleppt und die Nichtjuden begünstigt. In der Folge wurden viele Menschen aus östlichen Völkern im Norden Israels angesiedelt. In Galiläa entstand ein Mischvolk aus Juden, Assyrern, Ägyptern, Arabern, Phöniziern, Griechen und Römern.
Der alte Prophet Jesaja kündigte den Juden im Gebiet der Heiden für die messianische Zeit Befreiung von jeglicher Unterdrückung an: "Einst hat er (= Gott) das Land Sébulon und das Land Náftali verachtet, aber später bringt er die Straße am Meer wieder zu Ehren, das Land jenseits des Jordan, das Gebiet der Heiden. Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht; über denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht auf." (Jes 8,23b und 9, 1) Der Verfasser des Matthäus-Evangeliums sah diese Schriftstelle erfüllt, als Jesus in Galiläa (im "Gebiet der Heiden") seine Gottesverkündigung begann. Im Auftreten Jesu in Galiläa sieht der Verfasser des Matthäus-Evangeliums einen Hinweis, dass das Wirken Jesu auch den nichtjüdischen Menschen und Völkern gilt.
Das griechische Wort für "verkünden" heißt "kerýsse-in" und hat die Bedeutungen: Herold sein, als Herold ausrufen, die Botschaft oder den Befehl eines Königs öffentlich bekannt machen. Heute haben wir moderne Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten. Innerhalb von Sekunden können Meldungen in alle Erdteile übermittelt werden. Früher hat der König oder Kaiser Boten, Herolde ausgesandt, wenn er Ankündigungen, Mitteilungen, z. B. Gesetze veröffentlichte. Jesus von Nazareth war der Bote Gottes. Der Herold verkündete eine Botschaft, die nicht von ihm selbst, sondern vom König ausging. Wiederholte Male wies Jesus hin, dass er im Auftrag Gottes spreche: "Was ich gesagt habe, habe ich nicht aus mir selbst, sondern der Vater, der mich gesandt hat, hat mir aufgetragen, was ich sagen und reden soll." (Joh 12, 49) Aus der Stimme des Herolds sprach die Autorität des Königs. Jesus sprach mit der Autorität Gottes, wie einer, der Vollmacht hat. "Die Menschen waren sehr betroffen von seiner Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der göttliche Vollmacht hat ... " (Mk 1, 22).
Die Übersetzung des griechischen Wortes für "umkehren" heißt "umdenken", "ganz anders denken", "ein grundlegend anderes Denken und Handeln beginnen", "Sinn und Richtung radikal ändern", "noch einmal ganz neu anfangen".
Der Verfasser des Matthäus-Evangeliums verwendet zum Unterschied von Markus und Lukas nie den Ausdruck "Reich Gottes", sondern "Reich der Himmel" bzw. "Königtum der Himmel". Der Ausdruck "die Himmel" ist eine Umschreibung des Gottesnamens, um aus Ehrfurcht den Gottesnamen nicht aussprechen zu müssen.