Unser bester Lehrer

Lukasevangelium 9, 18–27: wortgetreue Übersetzung aus dem griechischen Urtext

18 Und es geschah: Während war er betend allein, waren zusammen mit ihm die Jünger, und er fragte sie, sagend: Wer ich, sagen die Leute, bin? 19 Sie aber, antwortend, sagten: Johannes der Täufer, andere aber: Elija, andere aber, dass ein Prophet der alten auferstanden sei. 20 Er sagte aber zu ihnen: Ihr aber, wer ich, sagt ihr, bin? Petrus aber, antwortend, sagte: Der Gesalbte Gottes.

Wir haben darüber nachgedacht, was wir Jesus antworten, wenn er uns fragt, für wen wir ihn halten, und wer er für uns ist. Wir sind zur einhelligen Überzeugung gekommen, wir sagen Jesus: 'Du bist unser wichtigster und allerbester Lehrer und unser größtes Vorbild. Wir schauen auf dich, wie du gelebt hast. Und wir gehen bei dir gern in die Schule. Denn du hast unendlich große Geduld mit uns. Du lässt uns Zeit beim Lernen. Du lässt uns Fehler machen und immer wieder von vorne anfangen. Du setzt uns niemals unter Druck und drohst uns nicht mit schlechten Noten und Strafen, wenn wir oft so lange brauchen, bis wir etwas erfassen und umsetzen. Bei dir können wir das Leben lernen und den Weg, der uns zum ewigen Ziel führt. Wir nehmen dein Wort ernst: 'Nur einer ist euer Lehrer: Christus.' Und: 'Nur einer ist euer Meister, ihr alle aber seid Geschwister.' Jesus, wir haben schon so vieles von dir gelernt. Und wir werden noch so viel dazulernen, bis wir dir ähnlich sind. Dann sind wir gereift für das Leben in deinem Reich.'

21 Er aber nachdrücklich zuredend ihnen befahl, niemandem zu sagen dies, 22 sagend: Es ist nötig, der Sohn des Menschen vieles leidet und verworfen wird von den Ältesten und Oberpriestern und Schriftgelehrten und getötet wird und am dritten Tag aufersteht.

Mit dem Schweigegebot wollte Jesus einem falschen Messiasverständnis vorbeugen. Die gängige Messiaserwartung rechnete mit einem Starken, Unerschütterlichen, mit einem, der mit Macht im irdischen Sinn für klare Verhältnisse in Israel sorgt, die Römer aus dem Land jagt und das neue Israel errichtet nach dem Muster des Großreiches von König David. Ein Messias, der hingerichtet wird, leiden und sterben muss, war völlig undenkbar.

Jesus als Messias ist nur von seinem Ende her recht zu verstehen - nach seinem Leiden und seiner Auferstehung. Jesus hat dem herkömmlichen, landläufigen und weit verbreiteten Bild vom Messias nicht entsprochen. Darum sprach er von sich als dem Menschensohn. Jesus ist der ganz Andere. Der Messias der Menschlichkeit, der Güte, der Barmherzigkeit, der Vergebung, des Friedens, der Gewaltlosigkeit.

23 Er sagte aber zu allen: Wenn jemand will nach mir gehen, verleugne er sich selbst und nehme auf sein Kreuz an Tag und folge nach mir! 24 Denn wer will sein Leben retten, wird verlieren es; wer aber verliert sein Leben meinetwegen, der wird retten es. 25 Denn was für einen Nutzen hat ein Mensch, gewonnen habend die ganze Welt, sich selbst aber verloren habend oder schweren Schaden erlitten habend? 26 Denn wer sich schämt meiner und meiner Worte, dessen der Sohn des Menschen wird sich schämen, wenn er kommt in der Herrlichkeit seiner und des Vaters und der heiligen Engel.

Jedes Evangelium enthält für uns Lernaufgaben. Welche Lerninhalte legt uns Jesus in diesem Evangelium vor? Etwas ganz Grundlegendes: 'Wer sein Leben retten will, wird verlieren es; wer aber verliert sein Leben meinetwegen, der wird retten es. Denn was für einen Nutzen hat ein Mensch, gewonnen habend die ganze Welt, sich selbst aber verloren habend oder schweren Schaden erlitten habend?'

Was Jesus von Nazareth sagte, hat er in seine eigene Lebenspraxis umgesetzt. In den Augen der Welt war Jesus arm, in den Augen Gottes aber reich. Was er hatte, war unbeschreiblich große Freiheit, unermessliche Gelassenheit, abgrundtiefes Vertrauen in die Vorsehung und Güte Gottes und grenzenlose Hingabe an Gottes Geschöpfe.

Unsere Welt heute hier bei uns lebt uns etwas Anderes vor. Die Werbung bringt es auf den Punkt, wo heute das Lebensglück gesucht wird. Kauft! Kauft! Konsumiert! Genießt in vollen Zügen die Genüsse und Freuden dieser Welt! Das Glück liegt im Geld und in allem, was für Geld zu haben ist. Was sind die Folgen dieser Lebensausrichtung? Angst, die Güter zu verlieren, oder dass sie einem genommen werden; das tägliche Rennen, Mühen und Abrackern um das Geld und die materiellen Güter bis zur völligen Überlastung, bis zur seelischen und körperlichen Erschöpfung und zur Krankheit der Depression und des Ausbrennens, hohe Verschuldung und schlaflose Nächte, zwischenmenschliche Konflikte und Zerbrechen von Beziehungen, krankmachende Habsucht, Geiz und Neid, fortschreitender Überdruss, Selbstverlust und Lebensangst, Überfluss auf der einen Seite der Welt und Armut auf der anderen, Ausbeutung unseres Planeten zum Nachteil künftiger Generationen.

Jesus lehrt uns: Sammelt keine Schätze auf Erden, die heute glänzen und morgen vergehen! Löst euch von dem Glauben, das volle Leben in den käuflichen Gütern und Genüssen zu finden! Lernt sie loslassen! Macht euch frei davon! Lernt vielmehr mit allen Sinnen zu leben, zu staunen und euch zu freuen an Dingen, die kein Geld kosten. Eine Überraschung bereitende, glückliche Begegnung. Ein erfüllendes Gespräch. Herzvolle helfende Zuwendung, Einsatz und Dasein für jemanden. Der Blick in lachende Kindergesichter und leuchtende Kinderaugen. Der Duft einer Blumenwiese und eines reifen Getreidefeldes. Das verschiedene harmonische Grün der Bäume, der Gräser und Pflanzen. Die Farbenpracht blühender Blumen. Das Plätschern eines Baches. Das Geheimnis des Wassers. Das Singen der Vögel. Die Schönheit der Berge und Hügel. Das glühende Rot eines Sonnenuntergangs. Die sich verfärbenden Blätter im Herbst. Der Anmut einer Winterlandschaft. Der Zauber der Natur zu allen Jahreszeiten. Alles immer wiederkehrend! Alles gratis für alle! Jesus sagt uns: Lernt von mir!

Wer Jesus konsequent nachfolgt, wird bereit sein und ertragen, mit der Welt über Kreuz zu geraten.

27 Ich sage aber euch wahrhaftig: Sind einige der hier Stehenden, die keinesfalls schmecken werden Tod, bis sie sehen das Reich Gottes.

In diesem Satz klingt die sogenannte Naherwartung an, der Glaube der Urgemeinde an die nah bevorstehende Wiederkunft Jesu.