Jesus - der Gottesstern
Matthäusevangelium 2, 1–12
Kommentar

Die Evangelisten vermitteln uns die Botschaft Jesu vom Reich Gottes. Sie sind großartige Literaten und Dichter. Sie haben Wahrheiten in Form von literarischen Werken verdichtet. Die Evangelien sind weder Protokolle von historischen Ereignissen noch sind sie trockene abstrakte theologische oder philosophische Abhandlungen, sondern wie ein farbenfrohes Kleid beinhalten sie eine bunte Fülle literarischer Ausdrucksmöglichkeiten: Poesie, Bilder und Umschreibungen, Gleichnisse und bildhafte Vergleiche, Glaubenszeugnisse, Geschichten, Erzählungen, Legenden- und Romanhaftes.
Es geht den Evangelisten nicht nur und nicht in erster Linie um historische Wahrheit, aber es geht ihnen um Wahrheit. Das heißt, die Wahrheit geht im Historischen nicht auf, sondern hat umfassendere Bedeutung für das Leben als Ganzes.
Bei allen Stellen in den Evangelien ist immer nach der tieferen Wahrheit und nach der frohen Botschaft zu fragen und zu suchen, die uns die Evangelisten sagen möchten.
Wissenschaftler verschiedener Richtungen - Theologen, Historiker, Archäologen, Astronomen, Altertumsforscher - konnten nachweisen, dass es den „Wunderstern” von Bethlehem nicht gegeben hat, dass die heiligen drei Könige eine schöne Erfindung aus späterer Zeit sind, dass der Kindermord von Bethlehem dem König Herodes zu Unrecht angedichtet worden ist und dass daher die Flucht nach Ägypten nicht stattgefunden hat.
Wenn das alles historisch betrachtet nicht geschehen ist, was bleibt dann noch von der Erzählung der Sterndeuter, die zum neugeborenen König der Juden gekommen sind und ihm ihre Verehrung erwiesen haben?
Nicht von Königen ist die Rede im Matthäusevangelium, auch nicht von dreien, sondern von Sterndeutern aus dem Osten, die auch Weise aus dem Morgenland genannt werden. Wer waren sie? Darunter kann man sich nicht das vorstellen, was wir heute unter Astrologie verstehen, und wie wir es in den Horoskopen vorfinden, sondern es waren Forscher, Naturforscher, Theologen und Philosophen. Das heißt, bei den Weisen handelt es sich um eine geistige Elite der damaligen Zeit. Sie sind dem Stern gefolgt. Der Stern ist ein Symbol für die Sehnsucht nach dem Ewigen, nach dem Bleibenden, nach dem vollen Sinn, nach der wahren Erfüllung des Lebens. Die Weisen aus dem Morgenland sind dieser tiefen Sehnsucht ihres Herzens gefolgt. Sie haben sich auf den Weg gemacht, um Gott zu suchen, den Ewigen, den Guten, den Wahren und den Schönen. Und sie haben ihn gefunden in dem Kind mit Namen Jesus von Nazareth. Vor ihm haben sie das Knie gebeugt und haben ihn angebetet zum Ausdruck ihres Vertrauens und ihrer Hoffnung auf ihn und als Zeichen ihrer Hingabe an ihn. Sie haben ihm Geschenke gebracht, das bedeutet, sie haben ihm ihr Vertrauen, ihr Herz und ihr Leben geschenkt.
In der Antike gab es die Vorstellung, dass die Geburt eines bedeutenden Menschen immer auch durch Sterne und Erscheinungen am Himmel angekündigt wird. Und so wird vom Verfasser des Matthäusevangeliums auch die Geburt Jesu durch einen Stern angekündigt.
Mit Jesus ist tatsächlich der Stern aufgegangen, der Stern schlechthin, der Morgenstern, der in Ewigkeit nicht untergeht. Jesus ist der Gottesstern, der der Welt und allen Menschen zu allen Zeiten den Weg zeigt, der zum wahren Leben führt. Wer ihm folgt, verfehlt nicht die Richtung und verfehlt nicht das Ziel. Dieser Stern bringt alle heim, dorthin, wo alle tiefen menschlichen Sehnsüchte ihre Erfüllung finden.