Kommentar zu Matthäus 3, 1-12

"In jenen Tagen trat Johannes der Täufer auf": Das ist eine allgemeine biblische Zeitbestimmung und meint hier etwa das Jahr 27/28 n. Chr. Johannes war 33 bis 35 Jahre alt.

Die Wüste von Judäa ist der öde, zerklüftete Gebirgsabfall zum südlichen Jordangraben hinab, wo der Jordan ins Tote Meer einmündet, wahrscheinlich in der Nähe einer viel benutzten Jordanfurt.

Es fällt auf, dass Johannes der Täufer sein öffentliches Wirken mit den gleichen Worten wie Jesus begann. ()Mt 4, 17)

Das griechische Wort für "kehrt um" heißt "metanoé-ite". Das bedeutet umdenken, sich in ganzheitlichem Sinn neu orientieren, nocheinmalö neu begionnen. Der entsprechende hebräische Begriff ist "schub" und besagt: Umkehr zu Gott nicht nur im Denken, sondern in der ganzen Existenz.

"Himmelreich" ist gleichbedeutend mit "Reich Gottes" bzw. mit Gott. Anstatt der Formulierung "Reich Gottes", die Markus in seinem Evangelium verwendet, gebraucht der Verfasser des Matthäus-Evangeliums immer den Ausdruck Himmelreich (wörtlich: "Reich der Himmel". Das hängt mit der jüdischen Ehrfurcht vor dem Gottesnamen zusammen. Es sollte das Aussprechen des Gottesnamens vermieden werden.

Die Worte im Buch des Propheten Jesaja heißen korrekt: Eine Stimme ruft: In der Wüste bahnt den Weg des HERRN, ebnet in der Steppe eine Straße für unseren Gott! (Jes 40, 3) Dieses Bildwort geht davon aus, dass es damals noch kaum befestigte Straßen gab, sondern nur ausgetretene Wege, auf denen einer der Spur des anderen folgte. Der trockene und harte Boden Palästinas erlaubte den Verkehr mit Maultieren, Eseln, Kamelen und Karren auch ohne befestigte Straßen. Ursprünglich waren alle künstlich angelegten und befestigten Straßen von den Königen gebaut worden und auch ihnen allein vorbehalten. Sie hießen deshalb auch "Straßen des Königs". Wenn der König seine Straßen benutzte, wurden zuvor Boten (Rufer) in das betreffende Gebiet gesandt, um die dortigen Bewohner aufzufordern, die Straße auszubessern und in Ordnung zu bringen.

Der Mantel war das besondere Kleidungsstück eines Propheten. Johannes wird nach dem Vorbild des Propheten Elija gezeichnet, von dem es im 2. Buch der Könige heißt: Er trug einen Mantel aus Ziegenhaaren und hatte einen ledernen Gurt um die Hüften. (2 Kön 1, 8) Die Nahrung des Johannes weist auf seine asketische Lebensweise hin.

Die Pharisäer (hebr. peruschim, die Abgesonderten) waren eine theologische Ausrichtung im antiken Judentum. Sie bestanden während der Zeit des zweiten jüdischen Tempels (ca. 530 v. Chr. - 70 n. Chr.) und wurden danach als rabbinisches Judentum die einzige bedeutende überlebende jüdische religiöse Strömung. Sie vetraten eine veräußerlichte "Gesetzesreligion". Was die Schriftgelehrten als Willen Gottes aus dem Gesetz des Mose herauslasen und als das ungeschriebene Gesetz verkündeten, wurde von Pharisäern praktisch verwirklicht. Der Gruppe der Pharisäer konnte sich jeder anschließen, der ihrem Frömmigkeitsideal anhing, das sich bald als das jüdische durchsetzte. Im letzten Jahrhundert v. Chr. wurden die Pharisäer auch eine politische Partei.

Die Sadduzäer waren eine in Israel in der Zeit des zweiten jüdischen Tempels aktive Gruppe des religiösen Judentums. Viele von ihnen gehörten den höheren Gesellschaftsschichten und dem Priesteradel an. Pharisäer und Sadduzäer nennt der Verfasser des Matthäus-Evangeliums häufig gemeinsam. Damit hat er die zwei damaligen Hauptrichtungen der jüdischen Religion bezeichnet. Beide Gruppierungen fanden nicht zum Glauben an Jesus als den verheißenen Messias: die Pharisäer, weil ihre veräußerlichte Gesetzesreligion sie taub machte für den inneren Anruf Gottes; die Sadduzäer, weil ein Messias wie Jesus ihnen nicht ins politische Konzept passte. Die Ablehnung Jesu durch die religiösen Führer des auserwählten Volkes stellt der Verfasser des Matthäus-Evangeliums besonders heraus.

"dem kommenden Gericht": Wortgetreue Übersetzung: dem zukünftigen Zorn. Johannes meint den Zorn Gottes.

Religiöse Juden waren damals überzeugt, dass Abrahams Glaube so einzigartig gewesen und bei Gott in so hoher Gunst gestanden sei, dass seine Verdienste nicht nur ihm, sondern allen seinen Nachkommen zugute kämen. Johannes der Täufer warnte sie vor falscher Heilsgewissheit.

"Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt; jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen": Mit diesen bildhaften Umschreibungen kündigt Johannes das Strafgericht Gottes an über die, die nicht umkehren von ihrem Leben, das nicht dem Willen Gottes entspricht. Die Passiv-Formulierungen "die Axt ist an die Wurzel der Bäume gelegt", "jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen" weisen darauf hin, dass Gott der Handelnde ist.

Das griechische Wort für "taufen" hat die Grundbedeutung "untertauchen", "eintauchen". Das deutsche Wort "taufen" kommt vom Althochdeutschen "taufa", es ist verwandt mit dem Wort "tief" und hat auch die Grundbedeutung "untertauchen".

Die Symbolik des Wassers ist universell. Wasser gilt als Quelle des Lebens und Mittel der Reinigung und Läuterung. Rituelle Waschungen waren im Altertum wohlbekannt und wurden am Nil in Ägypten, am Eufrat in Mesopotamien und am Ganges in Indien praktiziert. In Israel zur Zeit Jesu unterzogen sich die Pharisäer solchen Waschungen, aber auch die Essener, Angehörige einer religiösen Gemeinschaft, die fern der übrigen Welt lebten. Menschen, die zum Judentum übertreten wollten, wurden in Wasser getaucht als Zeichen der Reinigung von der Unreinheit, mit dem sie vom Standpunkt der jüdischen Religion behaftet waren. Johannes der Täufer taufte am Jordan, um die Menschen zu Umkehr ihres Lebens aufzurufen.

"Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen": Das bedeutet: Wer sich auf Jesus Christus taufen lässt, wird eingetaucht in göttliche Liebe und göttliches Leben.

Die mit Spreu und Grannen vermischten Getreidekörner waren nach dem Treten oder Dreschen der Getreideähren mit Spreu und Grannen vermischt. Sie mussten davon getrennt werden. Die gebräuchlichste Methode war das Worfeln. Zuerst wurde das Stroh weggeräumt. Dann wartete man auf Wind. Wenn er sich erhob, wurde das Gemisch von Körnern und Spreu mit einer langstieligen Holzschaufel bzw. Holzgabel gegen den Wind geworfen. Die Körner, die ja schwerer sind als die Spreu, fallen direkt zu Boden, die Spreu trägt der Wind ein Stück fort.