Der ganz Andere
Matthäusevangelium 3, 1-12
Kommentar
In seinem freiwillig gewählten einfachen Lebensstil ist Johannes der Täufer für uns ein Lehrer. Denn einfach zu leben ist eine Grundvoraussetzung persönlicher Freiheit.
In der Gottesverkündigung aber wählen wir nicht Johannes den Täufer als unseren Lehrer, sondern Jesus. Johannes der Täufer hat verletzende Worte verwendet. Er hat gepoltert, drauflos geschimpft und mit dem harten, unbarmherzigen Strafgericht Gottes gedroht. Er hat Gott verkündet und den kommenden Messias Gottes angekündigt als einen Zornigen und Ungeduldigen, der nicht zuwartet, bis Menschen die rechten Wege erkennen und gehen, sondern der mit ihnen kurzen Prozess macht und sie austilgt.
Johannes der Täufer hat gedacht, dass der Messias seine Linie und seine Weise der Gottesverkündigung fortsetzen wird. Das Bild vom Messias aber, das er gemalt hat, hat Jesus von Nazareth mit seinem Reden und Handeln nicht bestätigt. Jesus ist ein ganz, ganz Anderer, als Johannes der Täufer ihn sich vorgestellt hat. Jesus entsprach nicht den Messiaserwartungen seiner Zeit.
Johannes der Täufer hat geglaubt, dass der Messias Gottes die Menschen nach menschenüblichen Mustern und Denkweisen einteilen wird in Gute und Böse. Dazu hat er den Vergleich mit der Spreu und dem Weizen verwendet. Er war überzeugt, dass der Messias den Guten ewigen Lohn schenken und die Bösen mit Vernichtung bestrafen wird, so wie der Bauer die Spreu vom Weizen trennt, dann den Weizen in seine Speicher bringt und die Spreu verbrennt. In seinen Worten klingt im Bild vom Weizen, der in die Scheune gebracht wird, der Himmelslohn für die Guten und im Bild von der Spreu, die im unauslöschlichen Feuer verbrannt wird, die Höllenstrafe für die Bösen an.
Hier taucht bei uns die Frage auf, ob der Messias Gottes alle heimbringt zum Ziel grenzenloser Freude und Glückseligkeit oder ob er Menschen in unendliche Verdammnis stößt.
Wir vertrauen auf Jesus, der weiß, dass Spreu und Weizen nicht quer durch die Reihen der Menschen, sondern quer durch die Herzen aller Menschen gehen. Wir vertrauen auf Jesus, den guten Hirten, der jedem seiner verirrten Schafe solange nachgeht, bis er es gefunden hat, es dann auf seine Schultern nimmt und heimträgt zu seiner Herde. Wir vertrauen auf Jesus, den guten Vater, der seinen weggelaufenen Sohn nicht aufgibt, sondern sehnsuchtsvoll nach ihm Ausschau hält und mit ihm das Fest des neu gefundenen Lebens feiert, als er zurückkommt. Wir vertrauen auf Jesus, der am Kreuz dem neben ihm gekreuzigten Verbrecher das Paradies verheißt, als der sich dafür öffnet. Wir vertrauen, dass Jesu Geist heilender Geist ist, der die Herzen aller Menschen ausheilt, bis sie heil sind, das heißt, bis sie ganz sind.
Wir können uns schwer vorstellen, dass wir glücklich sein könnten, wenn wir wissen, dass andere für immer und ewig zum Unglücklich sein verurteilt sind. Könnten Mütter oder Väter im Himmel glückselige Freude empfinden, wenn ihre Kinder in der Hölle leiden müssen? Könnten Kinder die Freuden der Himmelsherrlichkeit genießen, wenn ihre Mutter oder ihr Vater in der Hölle unaufhörlich gequält und gepeinigt werden?
Das ist unsere Überzeugung: Wer es für richtig findet oder sogar als Genugtuung und Befriedigung erfährt, dass Menschen von Gott endgültig verstoßen und verdammt werden, hat selber noch viel Heilung nötig.