Frei und unbeschwert

Lukasevangelium 14, 25–33

Uwe Kunze/pixelio.de, Möve
Frei und unbeschwert

Jesus aus N. zeigt uns an seinem Leben, wie Leben gelingt, wie Leben wahre Erfüllung findet. In seinem Geist wohnt die Weisheit Gottes. Darum ist er für uns der weisheitsvollste Lehrer des Lebens. Was Jesus selber gelebt und in seinem Leben umgesetzt hat, hat er seinen Schülerinnen und Schülern verkündet. Es gilt für uns, uns in seine Weisheit zu vertiefen, um sie für uns immer tiefer zu erfassen. Das ist für uns hochinteressant, faszinierend und spannend.

Jesus sagt: Wer seine Schülerin und sein Schüler sein will, muss Eltern und Geschwister, Ehepartner und Kinder und das eigene Leben, also sich selber gering achten. Im griechischen Originaltext steht statt „gering achten” der Ausdruck „hassen”. Fordert Jesus damit zu Geringschätzung und Hass, Kontaktabbruch und Feindschaft gegenüber der eigenen Familie und den eigenen Angehörigen und gegenüber der eigenen Person auf? Mit Sicherheit nicht! Er selber ist Menschen niemals mit Hass und Feindschaft, sondern mit Ehrfurcht, Achtung und Wertschätzung und mit bejahender Zuwendung, Herzenswärme und Frieden begegnet.

Worauf will Jesus in diesem Evangelium hinaus? Was ist sein Ziel?

Wir verstehen seine Worte so: Jesus formuliert oft überspitzt, um damit die große Wichtigkeit einer Sache hervorzuheben. So bedeutet das Wort „hassen” in diesem Zusammenhang wohl, sich von Menschen abzulösen, sich von ihnen zu distanzieren. Jesus will uns zum geglückten Leben und zur Fülle des Lebens führen. Dazu gehört, dass wir zu uns selber kommen, dass wir eigenständige und eigenverantwortliche Menschen werden, dass wir unser eigenes Leben leben und dass wir für uns alleine stehen können in Unabhängigkeit von anderen. Dazu gehört auch die Erkenntnis, wer wir sind, und was in uns ist, und dass wir unseren eigenen Weg gehen und unsere eigenen Fähigkeiten und Ziele entdecken. Das gelingt aber nur, indem wir uns von allen Abhängigkeiten lösen. Zwischenmenschliche Beziehungen, emotionale Bindungen und die Fixierung auf uns selbst können unsere persönliche Entwicklung und Selbstfindung blockieren. Sie können unser Wachsen und Reifen und Selbständig werden behindern und verhindern, können uns einengen und erdrücken. Sie können uns einsperren wie in ein Gefängnis und unsere persönliche Freiheit und Selbstbestimmung beschränken und unterbinden. Sie können unsere Lebensfreude, unseren Lebensmut und unsere Lebenskraft unmöglich machen und verderben, ausschalten und zerstören. Sie können uns krank machen und uns zu Fall bringen. Das geschieht, wenn sich jemand an uns klammert und uns umklammert, wenn jemand uns an sich bindet und festhält, wenn jemand uns als Besitz betrachtet, über uns bestimmen und verfügen will, und zu uns sagt: du gehörst mir, wenn jemand über uns Macht ausübt und über uns herrscht, wenn jemand uns in Abhängigkeit führt und hält und unsere Abhängigkeit für seine persönlichen Interessen ausnützt, wenn jemand uns zu seinem Ein und Alles macht, uns vergöttert und unrealistische Erwartungen an uns stellt.

Jesus sagt: Wer seine Schülerin und sein Schüler sein will, muss auf seinen ganzen Besitz verzichten. Es geht nicht um Verzicht um des Verzichtens willen, denn Verzicht an sich ist kein Wert, sondern es geht um Verzichten um des Gewinnens von innerer Freiheit und Unabhängigkeit willen. Denn Besitz kann in ähnlicher Weise wie Beziehungen zu Menschen uns daran hindern, zu uns selbst zu kommen und zum erfüllten Leben zu gelangen.

Die einzige Beziehung, die wirklich loslässt, gehen lässt, frei gibt und frei macht, in die Freiheit und zum wahren Leben führt, ist die Beziehung Gottes zu uns.